Chronik 1991-1995

1991 Die im Frühjahr erscheinende Ausgabe 17 publizierte einerseits das in Grenoble geführte Interview mit Lorenzo Mattotti, für das Jens R. Nielsen großartige Fotos des italienischen Zeichners gemacht hatte. Das zum Konzept ausgearbeitete Wendeheft präsentierte andererseits ein Dossier über den im Jahr zuvor verunglückten Zeichner Yves Chaland. Gegenstand unserer aufwendigen Beilage war ein Originalfoto seines ersten Siebdrucks.
Durch den engen Kontakt zur Arbeitsstelle für Graphische Literatur an der Hamburger Universität gelangten nun zunehmend Beiträge dort aktiver Studenten in das Inhaltsverzeichnis der „Comic Reddition“. An unserem Dossier über Alan Moore in Ausgabe 18 wirkten Jens Balzer, Jens R. Nielsen, Ole Frahm und Michael Hein mit. Der zweite Schwerpunkt des im Herbst publizierten Heftes lag auf einem Dossier über den niederländischen Zeichner Joost Swarte, der auch den Inhalt unserer Beilage bestimmte: Als kleinformatiges Heft mit einem original Fotocover dokumentierten wir die Geschichte der Ligne Claire und ihrer Nachfolger.

 

1992 Die zum 5. Internationalen Comic-Salon in Erlangen produzierte Ausgabe 19 mit einem Dossier über italienische Comics sollte zum letzten Mal das Wort „Comic“ in unserem Magazintitel führen. Wir waren (und sind) der Meinung, dass „Reddition“ prägnant genug klingt, um auch ohne den Zusatz unsere Publikation zu identifizieren. Ausserdem wollten wir durch die Streichung erreichen, dass auch mal Nicht-Comic-Leser zu unserem Magazin greifen, das ja durchaus auch medienübergreifende Informationen bietet. Abschied nehmen hiess es mit dieser Ausgabe auch von der Rubrik „Hergés Universum“. Zum Erlanger Comic-Salon erschien ein Sammelband der Beiträge in limitierter Auflage.
Das Highlight des Jahres war dann das in der Hugenottenstadt geführte Interview mit der Comic-Legende Alberto Breccia. Der argentinische Zeichner war zum ersten Mal in Deutschland und zeigte sich sehr an deutscher Kultur interessiert. Dank eines professionellen Dolmetschers und des in Deutschland lebenden Zeichners Pablo Zweig war das Gespräch überaus lebhaft und sollte auf Wunsch von Breccia am nächsten Tag fortgesetzt werden.
Die im Herbst erschienene Ausgabe 20 stand folgerichtig ganz im Zeichen argentinischer Comics und enthielt neben Interviews mit Breccia und Zweig auch einen historischen Abriss der Entwicklung der dortigen Szene.

 

1993 Die Gründung des Vereins „9.Kunst e.V.“ einige Monate zuvor sollte Anfang des Jahres mit der Planung eines Comic-Spektakels in Hamburg konkrete Züge annehmen. Das von Andreas C. Knigge und Vertretern der Hamburger Kulturbehörde initiierte Projekt versprach eine professionelle Veranstaltung vor unserer Haustür, an der wir uns maßgeblich beteiligten und zum ersten Event im Juni eine neue Ausgabe der „Reddition“ vorlegten. Die Nummer 21 widmete sich neben dem belgischen Zeichner Pierre Culliford alias Peyo der jungen amerikanischen Zeichner-Szene, die in den vergangenen Jahren mit Art Spiegelman, Daniel Clowes oder Charles Burns einige bemerkenswerte Künstler hervorgebracht hatte. Maßgeblich an der Zusammenstellung der Ausgabe war Dirk Rehm beteiligt, der in seinem gerade gegründeten Verlag Reprodukt einigen dieser Künstler eine deutschsprachige Heimat geben sollte.
Auf dem 1.Internationalen Comic-Salon in Hamburg hatten wir die Gelegenheit, mit dem argentinischen Zeichner José Muñoz zu sprechen, und so erschien im Herbst mit Ausgabe 22 eine Ergänzung unseres Argentinien-Dossiers. Die Möglichkeiten des Wendeheftes nutzten wir allerdings auch für eine ausführliche Beschäftigung mit der Klaren Linie, dieser von Hergé und seiner „Tim und Struppi“-Serie ausgehenden Stilrichtung, die mit Ted Benoit, Dick Briel, Eric Heuvel u.a. auch in den 90er Jahren noch populär war.

 

1994 Neue Besen kehren gut – Nach diesem Motto wechselten wir Anfang des Jahres unsere Druckerei. Mit Rolf Landgraf und seinem Betrieb hatten wir neue motivierte Mitstreiter gefunden, die uns mit ihren Möglichkeiten unterstützten. So erschien zum Comic-Salon in Erlangen mit der Ausgabe 23/24 nicht nur eine umfangreiche Doppelnummer über das Spirou-Magazin, sondern auch unsere erste Ausgabe mit einem professionell gedruckten vierfarbigen Titelbild. Nachdem uns die bislang jeder Ausgabe beigelegten Extras einem logistischen Drama nahebrachten, wurden sie ab dieser Ausgabe nur noch für unsere Abonnenten produziert. So kam „Reddition“ 23/24 u.a. mit einer einseitigen Chaland-Kurzgeschichte und einem Mini-Poster von Frank LeGall.
Als Ergänzung zu unserem Tardi-Dossier in Ausgabe 13 veröffentlichte „Reddition“ 25 im Herbst ein weiteres Porträt des herausragenden französischen Zeichners. Mit einem Dossier zum Thema Gewalt im Comic und Porträts der Zeichner S.Clay Wilson und Jean-Marc Reiser wurde diese Ausgabe abgerundet. Das mit dem Shooting Star Guido Sieber in Erlangen geführte Gespräch fand ausserdem Eingang in diese Sammlung mit Artikeln zu ´gewaltigen´ Comics.

 

1995 Der zum 2. Mal in Hamburg durchgeführte Comic-Salon des Vereins „Neunte Kunst e.V.“ in den Deichtorhallen gab uns wiederum Anlass, eine Ausgabe speziell zu diesem Event zu produzieren. Eine aufwendige Sonderausgabe über Hugo Pratt und Corto Maltese wurde mit Hilfe von Hannes Grote, Jens R. Nielsen und anderen Freunden der ArGL zusammengestellt. Doch eine Fehlbestellung der Druckerei hatte zur Folge, dass nicht genug Papier am Lager war; und so wurden statt der erwarteten 1500 Exemplare ganze 200 Stück weniger ausgeliefert. Die „Reddition“ 26 ist seitdem eine gesuchte Rarität!
Bereits auf dem Hamburger Comic-Salon rührten wir kräftig die Werbetrommel für das neueste Buchprojekt der Edition Alfons. Mit einer Werkausgabe von Edgar P. Jacobs „Blake und Mortimer“-Geschichte „Das Gelbe Mal“ setzten wir die Reihe mit großformatigen Luxusausgaben toller Comic-Geschichten fort. Die in einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren in Belgien produzierte Ausgabe war mit einer kompletten Neuübersetzung und ausführlichem Dokumentationsmaterial versehen – und natürlich in kürzester Zeit vergriffen. Weitere geplante Ausgaben in dieser Ausstattung – etwa Franquins „Der doppelte Fantasio“ oder eine weitere Kurzgeschichtensammlung Tardis – wurden bis heute aufgrund der schwierigen Marktlage für diese Art von Büchern auf Eis gelegt.
Waren die redaktionellen Arbeiten an der „Reddition“ schon geraume Zeit am Computer erledigt worden, ermöglichte es uns der technische Fortschritt im Herbst, auch die graphischen Vorlagen digital zu erstellen. Layout und Bildbearbeitung der „Reddition“ 27 waren von uns erstmals am Computer gemacht worden. Das Dossier über Krimi-Comics und der erste Teil einer umfangreichen Biographie über Hergé gaben uns reichlich Anlass, mit den neuen Möglichkeiten zu spielen. Besonderes Highlight der Ausgabe war ein Artikel des Krimi-Schriftstellers Ronald Gutberlet alias Robert Brack, der mit Illustrationen von Markus Huber versehen worden war.