ALFONZ on Tour: Erlangen 2022, Tag 2

Kunterbunt geht es beim 20. Internationalen Comic-Salon in Erlangen zu und auf CRON weiter. Tag 2 bringt eine prominent besetzte Podiumsdiskussion und am Abend werden die Max-und-Moritz-Preise im Markgrafentheater verliehen. Auch heute liefert der Comicreporter ALFONZ wieder Impressionen.

Preise satt, die ALFONZ-Macher auf dem Podium
und ein Ministerpräsident als Comicfan

Die Spannung steigt. Am Abend werden die Max-und-Moritz-Preise verlieren. Die siebenköpfige Jury hat insgesamt 25 Titel nominiert. Darunter sind auch deutschsprachige Werke wie beispielsweise Paulina Stulins Bei mir zuhause (Jaja Verlag), Jennifer Daniels Das Gutachten (Carlsen), Aisha Franz' Work-Life-Balance (Reprodukt) oder Ralf Königs Lucky-Luke-Hommage »Zarter Schmelz« (Egmont). Eine Liste mit allen Nominierten findet Ihr hier. Wer gewonnen hat, erfahrt Ihr heute Abend an dieser Stelle.

ALFONZ und seine Comicreporter fandet Ihr auch heute wieder an Stand 38 in Halle A. Und wer wissen mochte, wie ein Fachmagazin wie ALFONZ entsteht, hatte bei einer Podiumsdiskussion die Gelegenheit dazu. Um 13 Uhr nahmen die ALFONZ-Herausgeber Volker Hamann und Matthias Hofmann neben Gerhard Förster (Die Sprechblase) auf der Bühne der Orangerie im Schlossgarten Platz, um sich mit Moderator Alex Jakubowski über Comicfachmagazine zu unterhalten.

Allen, die nicht nach Erlangen reisen konnten, bieten wir auch heute im Verlauf des Tages einige Eindrücke vom Salon. Ein wenig CSE-Feeling gibt es heute übrigens auch live. Die Max-und-Moritz-Gala, die um 20:30 Uhr beginnt, wird auch im Internet gestreamt werden.

[ALFONZ-Redaktion]


Impressionen von Tag 2:

Der zweite Tag des Comic-Salons bot allerlei – vor allem einen Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Der 55-Jährige lebt in Nürnberg und ist bekennender Comicfan. Auch wenn seine Mutter von der Fix-und-Foxi-Lektüre ihres Sohnes damals wenig begeistert war, wie er in dem kurzen Podiumstalk am Nachmittag erzählte. Seit einigen Jahren setzt sich ein Verein in Erlangen für ein eigenes Comicmuseum ein. Dazu sagte Söder: »Die Idee mit dem Comicmuseum finde ich interessant. Und wenn die Stadt ein spannendes Konzept hat, könnte ich mir vorstellen, dass sich der Freistaat beteiligt.« Als möglicher Ort ist seit einiger Zeit das Museumskarree des Stadtmuseums im Gespräch – die Stadt hat das Areal und dessen Erweiterung gekauft. Ansonsten ging es bei dem Gespräch mit Söder tatsächlich um Comics: Marvel oder DC? (»Marvel!«) Star Wars oder Star Trek? (Söder setzte zu einer langen Erklärung an, dass das beides sehr unterschiedliche Dinge seien.)


Neben Markus Söder empfing der Salon weitere zahlreiche Gäste und Künstler am zweiten Tag. Bereits für den ersten Tag vermeldeten die Festivalmacher etwa 7500 Besucher. Am Freitag dürften es noch einmal genauso viele Menschen gewesen sein. Doch hier wie da ließ sich hören, dass die Leute etwas verhaltener Comics kauften. Was sich an den Signierschlangen nicht sehen ließ. Besonders bei Flix und Uli Oesterle standen sehr viele Leserinnen und Leser, um sich eine Signatur abzuholen. In dem kleineren Messezelt B war es nicht weniger leer.


Besonders die zentrale Lage mit den Messezelten ist in diesem Jahr wieder ein großer Vorteil. Vor vier Jahren zog der Salon überhaupt erst aus der Heinrich-Lades-Halle in die Innenstadt, weil dort eine Sanierung lief. Aussteller, Stadt und Künstler waren hinterher begeistert. Ob Erlangen dies allerdings so auch 2024 anbieten kann, steht noch nicht fest. Durch den Ausfall des Salons vor zwei Jahren verschob der Zulieferer für die Zelte den Auftrag damals. Und es blieb bei den damaligen Konditionen. Heute sehen die Rahmenbedingungen anders aus. Festivalleiter Bodo Birk machte aber Hoffnung: »Wir müssen einen Weg finden, um in der Stadt zu bleiben, da sind wir uns alle einig.« Alle meint in diesem Fall die Erlanger Stadtpolitik. Im Herbst dieses Jahres wird der zukünftige Ort des Comic-Salons dann Thema im Stadtrat.


Übrigens ebenfalls sehr zufrieden mit der zentralen Lage: Flix. Der Berliner Zeichner hat am Montag gerade die Druckdaten für seine Marsupilami-Adaption abgegeben und gibt jetzt schon Interviews dazu in Erlangen. Es sei ein großes Wiedersehen, ein Abi-Treffen mit einem Jahrgang, den man mag. »Das Verrückte ist: Wir hatten eine lange Pause, und das Erlangen-Gefühl ist sofort wieder da.« Die Comicgemeinschaft trifft sich eben in Erlangen und die zentrale Lage sei gerade ein Vorteil gegenüber etwa Festivals in Berlin und Hamburg. Alles sei einfach erreichbar und im Schlossgarten lässt sich Ruhe finden, ohne das Festival zu verlassen.



Ansonsten wartet alles auf die große Gala am Abend im Markgrafentheater − der Max-und-Moritz-Preis steht an. Große Überraschungen erwartet niemand, doch trotzdem nennt fast jeder andere Favoriten für die verschiedenen Kategorien. Heute Abend um 23 Uhr wissen alle mehr.

[Björn Bischoff]



Die Max-und-Moritz-Gala ist zu Ende, die Preisträger*innen stehen fest. Nach der pandemiebedingten Pause bot der Abend im Markgrafentheater viel Vertrautes, aber auch einige Überraschungen. Erwartbar war die Moderation durch Hella von Sinnen und Christian Gasser. Das Duo hat sich inzwischen eingespielt. Erneut übernahm die Komikerin und Fernsehmoderatorin den lauten und polternden Part und trat wiederholt ins Fettnäpfchen, während der Journalist Gasser gewohnt gelassen agierte. In diesem Jahr konnte aber auch er einige Unsicherheiten im Vortrag und den Ablauf der Veranstaltung betreffend nicht verbergen. Wie es auf der Bühne überhaupt ein wenig konzeptlos zuging, sobald ein*e Preisträger*in hinzukam. Wohin mit dem Mikrofon beim kurzen Plausch? Rauf auf das Siegessofa neben den dort bereits sitzenden Erlanger Oberbürgermeister Florian Janik oder zurück auf den eigenen Sitzplatz im Saal? Und wie sich auf der Bühne positionieren, dass das Publikum im Markgrafentheater und zu Hause an den Livestream-Schirmen alles sah? Während die technische Darbietung der Max-und-Moritz-Gala von Ausgabe zu Ausgabe ein Stückchen besser wird, bleibt die Moderation irgendwo zwischen professionellem Anspruch und schludriger Umsetzung stecken. Dazu gehörte auch, dass bei der 20. Ausgabe des Internationalen Comic-Salons keine Siegermedaillen verliehen werden konnten. Die Ausgezeichneten erhielten lediglich Urkunden und die berühmten Brote. Ihre Max-und-Moritz-Medaille wird nachgereicht. Lieferengpässe, die freilich nicht auf das Konto von von Sinnen und Gassen, sondern das der Stadt gingen. »Wir haben's verschlafen«, gab OB Janik unumwunden zu. Aber vielleicht macht genau das ja den Erlangen-Charme aus.

So weit, so erwartbar. Nicht unbedingt zu erwarten, aber ausgesprochen erfreulich war das diverse Nominiertenfeld, das die Vielfalt in der deutschen wie internationalen Comicszene widerspiegelte. Bei den Auszeichnungen setzten sich neben klaren Favorit*innen wie Liv Strömquist und Steven Appleby mit der Lokalmatadorin Aisha Franz (geboren in Fürth) und der sichtlich gerührten Josephine Mark auch Comickünstlerinnen durch, die ebenso namhafte wie starke Konkurrenz ausstachen, ihre Preise aber selbstredend vollauf verdient hatten. Mark brauchte erst einmal ein Taschentuch, Franz ein Bier. Und Hella von Sinnen eine Zigarettenpause.
Überrascht war schließlich auch Birgit Weyhe, die bereits einen Max-und-Moritz-Preis (für Madgermanes) im Regal stehen hat und in diesem Jahr mit Rude Girl für den besten deutschsprachigen Comic nominiert gewesen war. Nachdem diese Kategorie an Franz ging, lehnte sich Weyhe bereits entspannt zurück. Dass ihr Name an diesem Abend doch noch einmal fallen würde, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Auf der Bühne entfuhr ihr dann, von von Sinnen dazu aufgefordert, auch ein Jubelschrei, bevor sie sich gemeinsam mit ihrer ehemaligen Schülerin Mark über die Auszeichnungen freute.

Alles in allem war auch diese Ausgabe der Max-und-Moritz-Gala eine bunte, durchaus lustige (wenn von Sinnen zu Hochform auflief und beispielsweise ungeniert in mittelprächtigem Englisch radebrechte) und turbulente Veranstalung.

Abschließend folgen an diese Stelle alle Ausgezeichneten. Ganz besonders freuen wir uns, dass auch ALFONZ-Mitarbeiter Alexander Braun einen Preis erhalten hat.

[ALFONZ-Redaktion]


Max und Moritz-Preis 2022

Beste*r deutschsprachige*r Comic-Künstler*in
Birgit Weyhe

Bester deutschsprachiger Comic
Aisha Franz
Work-Life-Balance
(Reprodukt)

Bester internationaler Comic
Steven Appleby
Dragman
(Schaltzeit Verlag)

Bester Sachcomic
Liv Strömquist
Im Spiegelsaal
(avant-verlag)

Bester Comic für Kinder
Josephine Mark
Trip mit Tropf

(Kibitz Verlag)

Bestes deutschsprachiges Comic-Debüt (dreigeteilt)
Lina Ehrentraut
Melek + ich
(Edition Moderne)

Daniela Heller
Pfostenloch
(Kunsthochschule Kassel / avant-verlag)

Jeff Chi
Who's the Scatman?
(Zwerchfell Verlag)

Spezialpreis der Jury
Alexander Braun

Publikumspreis
Daniela Schreiter
Lisa und Lio

(Panini)

Sonderpreis für ein herausragendes Lebenswerk
Naoki Urasawa



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© Fotos: Uwe Zimmermann, Björn Bischoff, Katja Hofmann, Volker Hamann
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