ALFONZ on Tour: Erlangen 2022, Tag 4

Der 20. Internationale Comic-Salon ist zu Ende. Auch der vierte und letzte Tag brachte für ALFONZ und seine Comicreporter noch einmal ordentlich Trubel. Doch wie fällt die Bilanz insgesamt aus? Was sagen die Veranstalter, was meinen die Comicschaffenden? ALFONZ war bei der Abschluss-Talkrunde dabei und zieht ein Fazit.

Jubel, Trubel, Heiterkeit?
ALFONZ zieht ein Fazit

Für einen Sonntag, an dem es beim Comic-Salon naturgemäß eher ruhig zugeht, war in diesem Jahr eine Menge los. Auch am ALFONZ-Stand war die Nachfrage am letzten der vier Veranstaltungstage ungebrochen. Es wurden nicht nur einige neue Abos abgeschlossen, irgendwann war die aktuelle Ausgabe auch ausverkauft, weshalb am Stand nur noch ein Ansichtsexemplar auslag (s. Foto links).

Aber auch die Comicreporter hatten alle Hände voll zu tun. Volker Hamann wurde zu seinem gemeinsam mit dem Kollegen Horst Berner bei Egmont erschienenen Lucky-Luke-Lexikon interviewt, und er war zum ersten Mal als Gast der Talkrunde zum Abschluss den Salons geladen, die von Lars von Törne moderiert wurde (dazu weiter unten mehr im Fazit).

Björn Bischoff bat den Mangaka Eldo Yoshimizu zum Interview. »Wir sprachen über Schlägereien auf der Straße, Golden Kamuy und warum er lieber nicht bildender Künstler genannt wird«, gibt Björn bereits jetzt einen kleinen Ausblick auf das Interview, das in der nächsten ALFONZ-Ausgabe 4/2022 in voller Länge zu lesen sein wird.

[ALFONZ-Redaktion]

 

 


Fazit: Einfach toll!


Für die abschließende Diskussionsrunde des diesjährigen Comic-Salons in Erlangen, die traditionell am späten Sonntagnachmittag unter der Überschrift »Nach dem Salon ist vor dem Salon …« stattfand, hatte Moderator Lars von Törne (Der Tagesspiegel) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, den Salon nach einer kurzen Vorstellung nach dem Schulnotensystem zu bewerten. Und auch wenn die einhellige Meinung aus dem Kreise der Verlagsvertreterinnen und Verlagsvertreter, Ausstellungsmacherinnen und Künstlerinnen nicht besser hätte ausfallen können und nur Bestnoten vergeben wurden, gab es im Laufe der etwas mehr als eine Stunde dauernden Gesprächsrunde hier und da doch ein paar Abstriche. Die allerdings bezogen sich auf persönliche Eindrücke oder Dinge, die niemand hätte ändern oder beeinflussen können.


Der Abschluss-Talk, bei dem Volker Hamann neben Max-und-Moritz-Preisträgerin Birgit Weyhe Platz nehmen durfte.


Etwa Birgit Weyhe, die auf der Festivalgala am Freitagabend als »beste deutschsprachige Comickünstlerin« ausgezeichnet wurde und ohnehin mit einem Dauergrinsen und hochzufrieden herumlief, wie sie selbst sagte. Sie lobte die Festivalleitung, was das Angebot zum Schutz vor dem nach wie vor grassierenden Corona-Virus betraf, das nach dem in der Woche zuvor stattgefundenen Volksfest Bergkirchweih für eine extrem steigende Inzidenz gesorgt hatte. Weyhe bat bei allem Verständnis für die Maßnahmen gleichzeitig um Nachsicht für die auf dem Salon anwesenden Künstlerinnen und Künstler, die während der stundenlangen Signierstunden auch mal die Masken abgesetzt hätten. Nicht nur das Publikum der Gesprächsrunde, das größtenteils mit Maske in die Aula im Erlanger Schloss gekommen war, äußerte dazu seine Zustimmung, auch Festivalleiter Bodo Birk, dem die geglückte Durchführung des 20. Internationalen Comic-Salons Erlangen nach vier Festivaltagen und wochenlangen Vorbereitungen deutlich anzumerken war. Er verriet, dass nicht so sehr die jüngst gestiegenen Infektionszahlen den Ablauf des Salons bedroht hätten, sondern die damit im direkten Zusammenhang stehenden zahlreichen Krankheitsausfälle beim Personal und den Helferinnen und Helfern. Da hätte es im Vergleich zu den vorangegangenen Veranstaltungen schon an der einen oder anderen Stelle gehakt. Angesichts dieser großen Herausforderungen und ungewohnten Aufgaben kann man Bodo Birk und seinem Team nur mit allergrößtem Respekt eine herausragende Leistung bescheinigen, die den Comic-Salon trotz der Zwangspause vor zwei Jahren erneut zu einem harmonischen und vielfältigen Festival machte, bei dem es fast ausnahmslos glückliche Besucher und Comicleser gab.

»Love, Peace & Harmony« lautete dann auch das Fazit von Claudia Jerusalem-Groenewald vom Carlsen Verlag, die die geglückten und anstrengenden vier Festivaltage genossen hat und ebenfalls voll des Lobes für die Veranstalter war. Denn an den extremen Wetterbedingungen, die von Freitag bis Sonntag für stetig steigende Temperaturen gesorgt hatten und das Thermometer bis an die 40-Grad-Marke führten, hätte niemand etwas ändern können. Für die in drei Festivalzelten stattfindende Verlagsmesse, die großzügig verteilt auf dem Gelände zwischen Schlossplatz und Schlossgarten standen und mit diesmal ausreichenden Belüftungskonzepten ausgestattet waren, bot der sommerliche Rahmen sogar die Möglichkeit, die Salonaktivitäten mitten in der Stadt mit angenehmen Aufenthalten im Grünen und Spaziergängen zu den Ausstellungen und Vortrags- und Podiumsorten zu verbinden.


Eine der Ausstellungen mit Vorbildcharakter: »Vorbilder*innen – Feminismus in Comic und Illustration«


Apropos Programm: Das war auch in diesem Jahr extrem vielseitig und erntete von Seiten des Publikums und der Diskutierenden in der Gesprächsrunde sehr viel Lob. Und doch dürfte das eine oder andere Thema, das den Comicschaffenden im deutschsprachigen Raum unter den Nägeln brennt, noch etwas umfangreicher und tiefgehender im Veranstaltungskalender der nächsten Ausgabe des Comic-Salons zu finden sein. Vor allem die mitunter prekäre sozialwirtschaftliche Lage von Kulturschaffenden im Allgemeinen und Comiczeichnerinnen und Comiczeichnern im Besonderen ist ein bekanntes Problem, das stärker in den Diskurs gehört – und zwar nicht nur aufgrund der seit Beginn der Pandemie vorgenommenen Beschränkungen. Dazu gab es in der Gesprächsrunde den einstimmigen Wunsch, Vertreter aus Politik und Wirtschaft mehr in den auf dem Salon stattfindenden Austausch einzubinden und für die Belange der Künstlerinnen und Künstler zu sensibilisieren. Das sollte gern weit über den medienwirksamen Besuch des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder am Freitag hinausgehen und nicht bei der Feststellung enden, dass ein hochrangiger Politiker auch Comics liest.

Mit der Diversität und Vielseitigkeit des Festivals dagegen zeigte sich Kuratorin Lilian Pithan sehr zufrieden. Die von ihr zusammengestellte Schau »Vorbilder*innen – Feminismus in Comic und Illustration« erntete großen Zuspruch und darf als einer der Ausstellungshöhepunkte des Salons bezeichnet werden. Dasselbe gilt für ein speziell für Kinder zusammengestelltes Programm, das unter dem Titel »Kinder lieben Comics!« von Katja Rausch und Michael Groenewald konzeptioniert und betreut worden war. Kibitz-Verleger Groenewald merkte man die tagelange Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den jüngsten Comicleserinnen und Comiclesern an und wie zufrieden ihn die Arbeit in der Ausstellung machte, wenngleich er dadurch kaum etwas vom Salon an anderen Orten mitbekommen hat.


Beim Abschluss-Talk mit dabei: Bodo Birk, Lilian Pithan und Michael Groenewald (v. links n. rechts)


Auch dieses Engagement spricht für die Qualität des Comic-Salons, der mit viel Leidenschaft in allen Bereichen und von allen Verantwortlichen aus den Verlagen, Ateliers und Redaktionen mitgetragen wird. Aus diesem Grund dürfen sich alle Verlage, Künstlerinnen und Künstler, vor allem aber alle Besucherinnen und Besucher auf eine Fortsetzung unter hoffentlich denselben räumlichen wie konzeptionellen Bedingungen freuen, wenn der Internationale Comic-Salon Erlangen vom 30. Mai bis 2. Juni 2024 wieder stattfindet.

[Volker Hamann]


Und wer wissen möchte, was insgesamt alles los war:
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© Fotos: Volker Hamann, Björn Bischoff, Uwe Zimmermann / Internationaler Comic-Salon Erlangen – Foto: Erich Malter, 2022
© Logo(s): Internationaler Comic-Salon Erlangen
© Illustration: Helena Janečić