Panini im 2. Halbjahr 2019 - Interview zum neuen Programm

Das Osterfest steht vor der Tür und CRON hat als Überraschung ein besonderes Ei im Nest. Panini-Sales-Manager Alex Bubenheimer hat sich mit uns über die Novitäten der kommenden sechs Monate unterhalten. Ein Interview über die Wechselwirkung von Comics und Kino, über Berserker aus Fernost und den USA, über eine Art Comeback und jede Menge Vertigo.

Von Shazam! bis Sandman –
Fragen an Alex Bubenheimer

Steigen wir mit den Superhelden ein. Deren Boom scheint zumindest im Kino ungebrochen. Die Adaptionen von Captain Marvel und Shazam! laufen bereits. Avengers: Endgame, X-Men: Dark Phoenix, Spider-Man: Far From Home, New Mutants und Joker werden bis Oktober in die deutschen Lichtspielhäuser drängen. Mit welchen Comics begleitet ihr die Leinwandauftritte der Capeträger?

Wir haben die Anthologien etabliert, die aufgrund ihres guten Überblicks über die Historie der Figur beim Lesepublikum sehr gut ankommen, und flankieren inzwischen fast jeden Film (zumindest bei Teil 1) mit einer solchen. Parallel wählen wir passende ältere Comics aus und haben auch Neues am Start. Als Beispiel Shazam!, weil der gerade läuft: Eine Anthologie, bisher unveröffentlichte tolle Comics von Jeff Smith und Mike Kunkel, dazu einen hochauflagigen Nachdruck des wirklich sehr lesenswerten Einzelbandes von Johns/Frank und natürlich nun die neue Serie. Wir haben außerdem einen kostenlosen Comic gedruckt, den es zum Beispiel in Kinos gibt. Das ist quasi das Rollenmodell, das wir von Film zu Film anpassen.

Wie ist es um die Wechselwirkung zwischen den Bewegtbildern und den Bildergeschichten bestellt? Steigt die Nachfrage nach Superhelden-Lesefutter vor jedem neuen Film? Lässt sich hier ein Trend feststellen, welche Titel besonders beliebt sind? Und macht sich das massive Marvel-Seriensterben bei Netflix – von Daredevil bis Jessica Jones – bei euch bemerkbar?

Noch vor fünfzehn, zwanzig Jahren war es so, dass ein Film einen sehr kurzfristigen Ausschlag des Monatsheftes am Kiosk erzielte, mehr nicht. Ausnahme waren die Nolan-Batman-Filme. Doch das Marvel Filmuniversum hat das nachhaltig geändert. Wir haben nun eine deutlich stärkere, breitere Vermarktung, insbesondere im Filial-Buchhandel und online. Manche Filme haben massive Ausschläge erzielt, wie Deadpool oder die Guardians, andere wie Black Panther verkaufen unsere geplanten Auflagen, oft auch bei Band 1 noch mit einer Nachauflage, aber schnellen nicht innerhalb von vier Wochen in den fünfstelligen Bereich hoch wie die erstgenannten. Die Serien dagegen haben mit der Ausnahme von Flash allesamt keine Auswirkungen gehabt.

Bei DC legt ihr Jim Starlins und Jim Aparos Batman: Ein Todesfall in der Familie noch einmal auf. Was ist neu an der Neuausgabe?

Neben der Titelkorrektur (früher: »Ein Tod in der Familie«) und dem neuen Coverlayout vor allem eine überarbeitete Übersetzung.

Und auch bei Marvel gibt es ein interessantes Wiedersehen mit alten Bekannten. Einmal trifft der im November 2018 verstorbene Stan Lee auf seinen Silver Surfer, und dann gibt es die Silver-Surfer-Geschichte »Parabel«, Lees Zusammenarbeit mit Mœbius, in einer Deluxe Edition. Worauf können sich die Fans freuen?

Die Stan-Lee-Comicauftritte sind lustig und durchaus als süßbittere Erinnerung zu verstehen. Und bei »Parabel« wollten wir, nachdem die bisherige Ausgabe nun ausverkauft ist, etwas Neues bieten. Das tun wir nun durch das nochmals deutlich größere Format sowie die Kolorierung »letzter Hand«, die Mœbius abgenommen hat. Ich würde es psychedelisch nennen, das ist sehr poppig. Eine Gelegenheit, diese einzigartige Zusammenarbeit neu zu entdecken.

Von den Superhelden ist es zu deren Manga-Versionen nicht weit. Wie kommen Batman und die Justice League, aber auch Star Wars im japanischen Zeichenstil an?

Den Verkaufszahlen nach gut. Leserstimmen über die üblichen Kanäle sind auch positiv. Wir sind gespannt, wie es sich weiterentwickelt.

Mit dem Seinen Conviction Dragnet verzeichnet ihr dieses Mal nur einen Neustart. Woran liegt's?

Wir liegen inzwischen bei mindestens einem, oft auch zwei Pokémons pro Monat, dazu die anderen Fortsetzungen. Bevor wir fünf neue Serien starten und alles auseinander- oder gar überdehnen, belassen wir es lieber kompakt.

Das Aufmacher-Motiv und der dickste Brocken im Manga-Herbstprogramm ist die Ultimate Edition von Berserk. Kentaro Miuras Comic gibt es bereits als Einzel- und als Doppelbände (Berserk Max). Was spricht dafür, die langlebige Serie jetzt auch noch im Überformat herauszugeben?

Nun, die Einzelbände erscheinen ja künstlerbedingt sporadisch und sind in erster Linie für diejenigen gedacht, die die Reihe von Anfang an sammeln. Wir haben hier auch nicht nachgedruckt, sodass eigentlich nur immer der letzte oder die letzten beiden verfügbar sind, und meistens auch nur etwa zwei Jahre, obwohl wir zuletzt die Auflage erhöht haben.
Daher haben wir ja 2006 die preisgünstige Max-Reihe gestartet, die wir dauerhaft lieferbar halten, und im Zuge des Booms durch den Anime haben wir hier diverse Nachauflagen gedruckt. Diese Version wird für die »ich will vor allem lesen«-Zielgruppe auch zukünftig vorrätig gehalten, unabhängig von der Ultimate Edition.
Nun ist es aber so, dass wir hier von einem sehr detailreich gezeichneten Manga sprechen, und seit 2006 ist viel Zeit vergangen. Eine größere Ausgabe für eine Zielgruppe, die eine schöne Ausgabe im Regal haben und sich noch mehr in die Zeichnungen vertiefen will, macht viel Sinn.

Ein wahrer Berserker von einem Comichelden bildet auch bei den Alben und Graphic Novels den dicksten Brocken: Conan. Vom Cimmerier habt ihr gleich diverse alte und neue Geschichten, Cross-over und Auskopplungen am Start. Kannst du das Dickicht etwas lichten?

Ich denke, das ist recht einfach: Wir haben die ganzen nagelneuen Marvel-Sachen, die sich in verschiedene Serien gliedern. Die Hauptreihe heißt Conan der Barbar, die sollte jeder haben, und dann kann man nach Geschmack ergänzen. Age of Conan bringt Einzelbände mit bekannten Nebencharakteren, zum Start Bêlit, während Savage Sword of Conan die Zweitserie mit dem Cimmerier von Deadpool-Autor Gerry Duggan darstellt. Ursprünglich handelte es sich bei Savage Sword of Conan um eine Comicreihe in schwarz-weiß für Erwachsene mit einem erhöhten Blut- und Erotikgehalt. Heutzutage gibt's schonungslose Action in Farbe. Als letzten neuen Marvel-Titel gibt es Savage Avengers, wo Conan mit den eher düsteren Marvel-Superhelden/Schurken Abenteuer erlebt. Und parallel dazu haben wir unsere überformatige Omnibus-Ausgabe, deren erster Band jetzt gerade erscheint. Hier drucken wir das klassische Marvel-Material aus den 70ern nach. Band 1 mit über 800 Seiten bietet den kompletten Windsor-Smith, Band 2 enthält unter anderem solche Legenden wie Neal Adams und John Buscema, und natürlich wollen wir da weitermachen, wenn die Verkaufszahlen stimmen ...

Apropos Auskopplungen: Neben Neil Gaimans Sandman Universe habt Ihr mit The Dreaming und House of Whispers zwei neue, von Gaiman kuratierte Serien im Programm. Wie fügen sich diese in den Kosmos um den Sandmann ein? Und können die Epigonen mit dem Original mithalten?

Wir veröffentlichen auch noch Die Bücher der Magie und Lucifer, die gehören ebenfalls in dieses neue Sandman-Universum, wir bringen also alle vier Reihen. Hier fasse ich am besten zusammen, was Neil Gaiman selbst gesagt hat, denn der kann das sicherlich besser beurteilen als ich: Er liebt nach wie vor das Sandman-Universum und fand es schade, dass mit diesen interessanten Charakteren wenig passiert – nicht zuletzt aufgrund eigener Zeitnot. Daher hat er selber die Autoren ausgewählt und begleitet die Reihen kuratorisch. Es ist also nicht Neil Gaiman pur, aber eben auch kein Ausschlachten brachliegender Lizenzen. Ich kann nur empfehlen, mal reinzulesen. Ich denke, jeder findet eine Serie, die ihm gefällt.
Das war es aber noch lange nicht. Vom Sandman Deluxe kommen zwei weitere Bände im Herbstprogramm, Band 6 und 7, damit erfährt die ursprüngliche Serie von Neil Gaiman eine hochwertige Neuedition.
Und zusätzlich haben wir noch The Kitchen am Start, im Vorgriff auf die Verfilmung mit Melissa McCarthy in einer ganz anderen Rolle als sonst, sowie eine neue, überformatige Ausgabe von Northlanders in vier Bänden. Die Serie ist inzwischen komplett ausverkauft und ich freue mich auch als Leser, dass wir sie nun neu herausgeben.
Besonders interessant für die Fanszene dürfte aber eine ebenfalls überformatige Ausgabe von Alan Moores Swamp Thing sein, wonach wir immer wieder gefragt wurden.
Ganz klar: Wir haben so viel Vertigo im Programm wie seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr.

Neues gibt es auch von Chris Scheuer. Wie ist der gebürtige Grazer bei euch gelandet? Und was ist von seiner gemeinsam mit Schriftsteller Matthias Bauer Kurzgeschichtensammlung zu erwarten?

Matthias Bauer, der als Roman- und Drehbuchautor tätig ist, kam auf uns zu und hat uns von seiner Idee erzählt, seine Kurzgeschichtensammlung als Comic adaptieren zu wollen. Und er hat als zeichnerischen Partner Chris Scheuer interessieren können. Diese Idee fanden wir natürlich spannend, wir haben uns getroffen, die Chemie zwischen allen hat gestimmt, und zack!
Wir sind happy, dass sich aus dem Projekt statt einer schwarz-weißen Graphic Novel nun farbige Alben entwickelt haben. Chris hat eine sehr eigenständige Kolorierungsweise, die seine herausragenden Ideen für die Seiteneinteilungen wunderbar unterstützt. Die Geschichten sind unterschiedlich angelegt, was ihre Tonalität angeht, sodass Chris auch verschiedene Inszenierungen vorgenommen hat.
Sein Arbeitstempo ist hoch, der erste Band ist schon fertig. Und auch wenn Chris nie aufgehört hat zu zeichnen, sind seine letztjährigen Arbeiten doch meist als Auftragswerke entstanden, weshalb Reiche Ernte fast so etwas wie ein Comeback in der Szene ist. Und ein echt lesenswertes noch dazu.

Ansonsten nimmt die Sparte »Kino und TV« erwartungsgemäß viel Platz ein. Mir persönlich hat sich der Sinn nie erschlossen, sich von einer erfolgreichen Fernsehserie wie Doctor Who oder Buffy auch noch den Comicableger zu kaufen. Ist das nicht ein bisschen wie der Roman zum Film? Welchen Mehrwert haben Serien- und Filmfans bei den nun neu erscheinenden Comics Stranger Things und Avatar?

Ich würde dir zustimmen, wenn es um Adaptionen geht, das erschließt sich mir persönlich auch nicht, wenngleich auch diese durchaus in mehrfacher Hinsicht ihre Berechtigung haben. Aber gerade die von Dir genannten Buffy oder Doctor Who sind ja die Parade-Gegenbeispiele. Hier wird nicht nacherzählt, was auf dem Schirm flimmerte, hier wird die Geschichte fortgesponnen und erweitert. Das macht es für Fans extrem interessant. Gleiches wird für Stranger Things und Avatar gelten. Wer diese Ideenwelten mag, wird hier erneut eintauchen können.

Bevor wir zur obligatorischen Schlussfrage kommen noch ein kleiner Ausblick auf die anstehenden Messebesuche. Ihr seid vor allem im Juni viel unterwegs. Wo baut Ihr euere Stände auf, wer ist zu Gast und welche Besonderheiten sind geplant?

In unserem Forum findet sich immer der aktuellste Stand, und die vollständige Antwort würde hier den Rahmen sprengen, daher ganz kurz: kleiner Auftritt in München, mittlerer Auftritt in Köln und großer Auftritt in Stuttgart. Dazu viele Messespecials in Form von Variants, Hardcovern und auch Schuber, von 7 Euro bis 125 Euro. Schaut mal rein – und dann bei uns vorbei!

Und nun zu guter Letzt: Welcher Titel liegt dir in diesem Programm besonders am Herzen? Und warum?

Letztes Jahr haben wir die Stan Lee Treasury veröffentlicht, die schnell ausverkauft war. Ich mag solche Klötze, die das Wort »coffeetable« wirklich verdienen. Ich freue mich daher sehr, dass wir dieses Jahr noch ein Buch in dieser Art veröffentlichen, noch dazu eines, das es nicht in Amerika gibt, sondern eine Eigenkreation von Panini ist: Marvel Treasury Edition – Die besten Marvel-Geschichten aller Zeiten. Erneut über 800 Seiten, erneut in diesem riesigen Format von 26 x 41 Zentimeter im Schuber im farbigen Karton. Yummy.

Die Fragen stellte Falk Straub

Abbildungen © Panini Comics

Der komplette Überblick

Comicalben/Graphic Novels

Superhelden

Manga