Der Berliner Verlag Reprodukt gibt sein Neuheitenprogramm für das ersten Halbjahr 2013 bekannt. Darunter sind viele bekannte Namen wie Robert Crumb, Matt Groening, Chris Ware oder Baru.
Reprodukt setzt auf bewährte Namen
Novitäten bis Juni 2013
Der Berliner Reprodukt Verlag setzt auch 2013 auf seine bekannten Zugpferde. 15 neue Titel sind geplant, von denen manche Neueditionen von vor vielen Jahren erschienenen Comics sind, wie z.B. Crumbs Kafka für Anfänger. Im März startet man zudem mit gleich sechs Kindercomic-Titeln.
CRON stellt nicht nur alle Titel vor, sondern befragte Verlagsleiter Dirk Rehm zu dem neuen Programm.
Interview mit Dirk Rehm
Dirk, das Frühjahrsprogramm kann sich sehen lassen. Bekannte Namen, interessante Titel, Reprodukt kann mit den Muskeln spielen und sieht sehr gut dabei aus. Jetzt hat sogar Matt Groening zu euch gefunden … Wie kam es dazu und werden die Titel neu übersetzt?
Wir halten stetig Ausschau nach neuen Titeln und blicken dabei nicht nur auf das, was andere Verlage im In- und Ausland tun, sondern auch darauf, was sie vielleicht gerade NICHT tun. Nicht nur Krüger hatte sehr gute Erfolge mit Life in Hell vorzuweisen, die Originalausgabe war und ist ein Dauerseller. An diese Erfolge hoffen wir anzuknüpfen.
Am REPRODUKT-Stand: Mawil, Christian Maiwald, Dirk Rehm, Abbildung © Mawil
Michael Groenewald hat Life in Hell für eine Veröffentlichung bei Reprodukt vorgeschlagen und stieß mit seinem Vorschlag auf einhellige Begeisterung. Die Rechteanfrage fiel positiv aus und so können wir jetzt loslegen. Life in Hell wird von unserem Mumins-Übersetzer Matthias Wieland, der durch seine langjährige Arbeit an Paninis The Simpsons in Sachen Matt Groening bereits beste Referenzen vorzuweisen hat, neu ins Deutsche übertragen und im Zuge dessen auch neu gelettert werden.
Im März 2013 kommt Chris Wares Jimmy Corrigan. Ich kann es kaum glauben. Der Titel wurde vor einer halben Ewigkeit in Gerüchten angekündigt. Wann war »der klügste Junge der Welt« zum ersten Mal bei Euch im Gespräch? Und wieso dauerte es so lange bis zur Veröffentlichung?
Jimmy Corrigan habe ich zwei Mal eingekauft. Zunächst 2002 für Carlsen, wo das Buch allerdings von Verlagsleiter Joachim Kaps und Vertriebsleiter Kai-Steffen Schwarz wieder aus dem Programm gekippt wurde. Ich war also bereits im Gespräch mit Chris Ware und habe das Buch dann noch einmal für Reprodukt erworben.
Wir haben immer die Absicht gehabt, Jimmy Corrigan optimal ins Deutsche zu übertragen. Neben dem riesigen Aufwand für die Übersetzung, die Tina Hohl und Heinrich Anders bravourös gemeistert haben und der redaktionellen Arbeit, die Michael Groenewald obliegt – dem mit Stephan Ditschke und Thomas von Steinaecker im Laufe der Zeit auch zwei Textbearbeiter zur Seite standen –, ist auch die Arbeit, die Michael Hau am Lettering geleistet hat, nicht mit Gold aufzuwiegen. Ganz zu schweigen davon, dass unsere Herstellerin Minou Zaribaf über einen Zeitraum von acht Monaten mit nichts anderem als dem Layout des Buches beschäftigt ist.
Die Ursache für die ewige Verzögerung ist allerdings mir selbst zuzuschreiben, denn als wir die Rechte gekauft und mit der Übersetzung begonnen haben, hatte ich noch den Ehrgeiz, Jimmy Corrigan selbst zu lettern. Doch je mehr mich die eigentliche verlegerische Arbeit in Anspruch genommen hat, bedingt durch den Wachstum von Programm und Mitarbeiterzahl, desto illusorischer wurde es, diesen Teil des Projektes eigenhändig zu realisieren. Vermutlich haben wir jetzt den Punkt erreicht, an dem wir die absolut optimale Produktion von Jimmy Corrigan gewährleisten können, sowohl in Hinblick auf den Zeitaufwand als auch auf die finanziellen Aufwendungen. Dazu kommt, dass wir den deutschen Comicmarkt erst seit relativ kurzer Zeit so einschätzen, dass er »bereit« ist für dieses Buch von Chris Ware. Rein von der Kalkulation her ist Jimmy Corrigan verlegerischer Irrsinn. Wir müssten theoretisch mindestens 20.000 Exemplare verkaufen, um die Produktionskosten in allen Bereichen wieder einzuspielen – was uns bei allem Optimismus kaum gelingen dürfte. Aber wir werden sehen.
Was ist mit dem Rest der ACME Novelty Library?
Noch haben wir die Arbeit an Jimmy Corrigan nicht beendet. Und wenn Chris Wares Buchdebüt in deutscher Sprache erst einmal erschienen ist, sind wir zunächst gespannt auf das Echo – und auch auf die Verkaufszahlen. Natürlich möchten wir weitere Werke von Chris vorlegen, aber Konkretes kann ich hier noch nicht verkünden.
Von Manu Larcenets Blast kommt der zweite Band. Der erste Band war für mich als Mitglied der Jury bei der Tagesspiegel-Umfrage der beste Comic des Jahres 2012. Wie zufrieden bist du mit der Resonanz und den Verkäufen?
Nun ja, wenn ich die Verkaufszahlen von Blast und das Medienecho in Frankreich mit der Resonanz hierzulande vergleiche, kann ich nicht zufrieden sein. In Frankreich wurden im Zuge des Erfolgs von Le Combat Ordinaire bereits im Jahr der Erstveröffentlichung von Blast 1 mehr als 60.000 Stück verkauft, wir bewegen uns nach fünf Monaten zwischen 1.000 und 2.000 verkauften Exemplaren. Wir freuen uns über viele begeisterte Leserstimmen, aber in den Medien war Blast kaum präsent. Was vermutlich nicht zuletzt daran liegt, dass es sich um den ersten Teil einer Serie und nicht um ein abgeschlossenes Werk handelt, auf das die Presse im Allgemeinen vermutlich viel dankbarer reagiert hätte.
Welche der Novitäten des ersten Halbjahrs liegt Dir besonders am Herzen, wenn Du Dich für eine entscheiden müsstest?
Ich muss mich ja zum Glück für keine Neuheit entscheiden. Für mich hat jedes Projekt, an dem wir arbeiten, etwas Einzigartiges, an dem ich mich erfreuen kann. Grundsätzlich liegen den im jeweiligen Buch genannten Herausgebern ihre Projekte und Autoren immer besonders am Herzen. Was mir aber auf jeden Fall in diesem Jahr viel Freude bereitet hat, war die Arbeit an Nausea, dem ersten Buch unserer neuen Reihe von Robert Crumb.
Anfang der Siebziger haben mir Die 17 Gesichter des Robert Crumb (Zweitausendeins) und Headcomix (März) die Augen dafür geöffnet, was Comics leisten können. Ich war immer eingenommen von Comics, auch wenn das seinerzeit eher die frankobelgischen waren, die in ZACK veröffentlicht wurden. Aber gerade das etwas Andersartige – wie etwa der Abdruck der Südseeballade in ZACK, die aus dem Raster des Gewohnten fiel – oder eben Crumbs gnadenlos direkte Offenlegung seiner Obsessionen, hat auf mich eine besondere Faszination ausgeübt. Insofern schließt sich für mich ein Kreis, wenn wir jetzt zu den deutschen Verlegern von Crumb geworden sind. Und gleichzeitig ist es ein Schritt nach vorn, wenn ich die Reaktionen unserer Praktikantinnen Barbara Ott oder Sarah Omar auf das Werk von Crumb miterleben kann, wie der Blick in die Abgründe des Zeichners auch ein jüngeres Publikum keineswegs ungerührt lässt. Egal, ob man sich davon angezogen oder abgestoßen fühlt, unberührt lässt es niemanden.
Die neuen Kindercomics werden in ALFONZ Nr. 2/13 ausführlich unter die Lupe genommen, deshalb hier nur eine Frage nach dem warum?
Warum? Weil etwa Michael Groenewald, Sebastian Oehler und ich mittlerweile selber Kinder haben und uns dadurch noch stärker bewusst geworden ist, dass es hierzulande praktisch keine guten Comics für Kinder im jüngsten Lesealter gibt. Wir möchten Comics verlegen, die Kinder an die Sprache der Comics heranführen und natürlich wollen wir auch unsere Begeisterung für Comics mit unseren Kindern teilen. Das interessierte Publikum wächst und wächst – auch in Deutschland – und viele neue Leser, die vor Jahren vielleicht noch keinen Comic in die Hand genommen hätten, begeistern sich nun für Themen, Zeichenstile, Autoren oder das Medium Comic allgemein. Hinzu kommt, dass viele begeisterte Comicleser sicherlich das gleiche Problem haben wie wir: Wo sind die Titel oder die Stoffe, die man seinem Kind zum Lesen geben mag?
Es gibt ein großes Spektrum von guten Comics für jugendliche Leser – von Yakari über Lucky Luke bis zu Asterix oder Tim und Struppi ist vieles davon leicht zugänglich und erschwinglich zugleich. Die jüngsten Leser jedoch werden bislang mit Comics nur am Kiosk abgeholt. Und dort werden zunächst einmal nur Marken verkauft – von Hello Kitty bis zu Star Wars. Im Endeffekt bestimmen die Gimmicks über das Verkaufspotenzial, aber sicherlich nicht die in der Regel qualitativ minderwertigen Comicanteile der Hefte. Wir wollen RICHTIGE Comics machen, Comics um der Comics willen und GUTE Comics, die Lust machen auf noch viel mehr gute Comics!
Und wie muss ein Kindercomic sein, um von Euch verlegt zu werden?
Wir verstehen unsere Kindercomics genau wie die »normalen« Comics in unserem Programm als Autorencomics. Marc Boutavant hat einen unverkennbaren und oft kopierten Stil. Ulf K., Uwe Heidschötter und Patrick Wirbeleit sind vielen als eingeführte Kinderbuchautoren und -illustratoren ein Begriff. Sie alle haben einen unverkennbar eigenen, persönlichen Stil. Genau wie Arne Bellstorf, der Krokodil und Katze für unsere Kindercomics-Werbemittel gestaltet hat und von dem wir hoffen, bald auch Kindercomics verlegen zu können. Es gibt keine feststehende Definition, wie ein Kindercomic sein muss, um von uns verlegt zu werden. Er muss uns mit seiner Lebendigkeit überzeugen und sicher auch mit der Originalität von Stil und Sujet. Wie bei den Comics für die erwachsenen Leser kommt zunächst mal in die engere Wahl was einem oder auch mehreren von uns gefällt – dann wird diskutiert und das Für und Wider erörtert. Und wenn wir uns einmal für einen Autoren entschieden haben, dessen Arbeit uns überzeugt, möchten wir so viel wie möglich von seinem Werk vorlegen.
Die Fragen stellte Matthias Hofmann.
Abbildungen © Reprodukt
Die nackten Fakten
Januar 2013
Sascha Hommer & Arne Bellstorf (Hrsg.), ORANG 10 – HEAVY METAL
ISBN 978-3-943143-48-5, 144 Seiten, farbig & s/w, Softcover, 21 x 24 cm, EUR 18,–
März 2013
Chris Ware, JIMMY CORRIGAN – DER KLÜGSTE JUNGE DER WELT
ISBN 978-3-938511-12-1, 384 Seiten, farbig, HC mit Schutzumschlag, 20,5 x 16,5 cm, EUR 39,–
Julie Birmant & Clément Oubrerie, PABLO 1– MAX JACOB
ISBN 978-3-943143-49-2, 88 Seiten, farbig, Klappenbroschur, 22 x 29 cm, EUR 20,–
Peer Meter & Gerda Raidt, BÖSE GEISTER
ISBN 978-3-943143-42-3, 104 Seiten, zweifarbig, Klappenbroschur, 19 x 23 cm, EUR 20,–
Jason & Fabien Vehlmann, DIE INSEL DER 100.000 TOTEN
ISBN 978-3-943143-44-7, 56 Seiten, farbig, Klappenbroschur, 19 x 25,5 cm, EUR 15,–
April 2013
Daniel Clowes, DER TODESSTRAHL
ISBN 978-3-943143-52-2, 48 Seiten, farbig, Hardcover, 23 x 30,5 cm, EUR 20,–
Manu Larcenet, BLAST 2 – DIE APOKALYPSE DES HEILIGEN JACKY
ISBN 978-3-943143-41-6, 208 Seiten, teilweise farbig, Hardcover, 20,5 x 27 cm, EUR 29,–
Mai 2013
Matt Groening, LIEBE IST DIE HÖLLE
ISBN 978-3-943143-47-8, 48 Seiten, s/w, 22,5 x 22,5 cm, Hardcover, EUR 12,–
David Zane Mairowitz & Robert Crumb, KAFKA FÜR ANFÄNGER
ISBN 978-3-943143-54-6, 176 Seiten, s/w, Klappenbroschur, 14 x 21 cm, EUR 17,–
Brecht Evens, DIE AMATEURE
ISBN 978-3-943143-46-1, 224 Seiten, farbig, Flexcover, 21 x 26 cm, EUR 34,–
Bastien Vivès | Ruppert & Mulot, DIE GROSSE ODALISKE
ISBN 978-3-943143-43-0, 128 Seiten, farbig, Klappenbroschur, 19 x 25,5 cm, EUR 18,–
Juni 2013
Robert Crumb, MEIN ÄRGER MIT DEN FRAUEN
ISBN 978-3-943143-40-9, 96 Seiten, s/w, Hardcover, 22 x 29 cm, EUR 29,–
Barbara Yelin, RIEKES NOTIZEN
ISBN 978-3-943143-51-5, 96 Seiten, farbig, Klappenbroschur, 17 x 24 cm, EUR 18,–
Baru, ZURÜCK AUF DER STRASSSE
ISBN 978-3-943143-53-9, 104 Seiten, farbig, Klappenbroschur, 19 x 25,5 cm, EUR 20,–
Lewis Trondheim, RALPH AZHAM 3 – SCHWARZ SIND DIE STERNE
ISBN 978-3-943143-50-8, 48 Seiten, farbig, Softcover, 22 x 29,5 cm, EUR 12,–
Kindercomics
Emmanuel Guibert & Marc Boutavant, ARIOL – EIN KLEINER ESEL WIE DU UND ICH
ISBN 978-3-943143-55-3, 128 Seiten, farbig, 16 x 20 cm, Klappenbroschur EUR 14,–
Luke Pearson, HILDA UND DER MITTERNACHTSRIESE
ISBN 978-3-943143-57-7, 44 Seiten, farbig, 22 x 31 cm, Hardcover, EUR 18,–
Ulf K., PELLE & BRUNO – SUPERFLORA
ISBN 978-3-943143-56-0, 64 Seiten, farbig, 16 x 20 cm, Klappenbroschur, EUR 10,–
Patrick Wirbeleit & Uwe Heidschötter, KISTE
ISBN 978-3-943143-58-4, 72 Seiten, farbig, 16 x 20 cm, Klappenbroschur, EUR 12,–
Pierre Bailly & Céline Fraipont, KLEINER STRUBBEL – TRUBEL IM GEMÜSEBEET
ISBN 978-3-943143-59-1, 32 Seiten, farbig, 19,5 x 25,5 cm, Hardcover EUR 10,–
Marc Boutavant, MOUK – HELDEN DER PEDALE
ISBN 978-3-943143-61-4 32 Seiten, farbig, 16 x 18 cm, Hardcover, EUR 8,–
Mai 2013
Pierre Bailly & Céline Fraipont, KLEINER STRUBBEL – DAS NEBELHAUS
ISBN 978-3-943143-60-7, 32 Seiten, farbig, 19,5 x 25,5 cm, Hardcover EUR 10,–
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