Frisch Gelesen Folge 188: Once & Future 1

Enkel Duncan und Omi Bridgette sind in Schwierigkeiten.

»Ja, Schatz, schalte um, wenn du es wirklich willst … aber gebrochene Finger heilen sehr langsam in deinem Alter.«

(Die ehemalige Monsterjägerin Bridgette McGuire droht in ihrem Altenheim einem männlichen Senior, der den Fernseher auf eine Backsendung umschalten will.)


FRISCH GELESEN: Archiv


Once & Future Band 1: »Der König ist untot«Das Titelbild des ersten Bands von Once & Future

Story: Kieron Gillen
Zeichnungen: Dan Mora

Cross Cult
Hardcover | 144 Seiten | Farbe | 22,00 €
ISBN: 978-3-96658-182-0

Genre: Fantasy, Action/Adventure, Humor

Für alle, die das mögen: RED, Der erste Ritter, Die Ritter der Kokosnuß, Hellboy



Das obenstehende Zitat könnte die eigentliche Einleitung zu einer Geschichte sein, die im Heimatland der Superheldencomics 2019 bei Boom! Studios gestartet ist und ziemlich viele Vorschusslorbeeren eingeheimst hat. Aber was soll man auch anderes erwarten, wenn ein gefeierter und für den Eisner Award nominierter Autor wie Kieron Gillen (u. a. The Wicked + The Divine, Star Wars: Darth Vader, DIE) und ein für sein mitreißendes Artwork bekannter Zeichner wie Dan Mora (Buffy The Vampire Slayer, Klaus) aufeinandertreffen?

Wer den Klappentext liest und dabei auf den Artus-Mythos stößt, der könnte durchaus in einem ersten Impuls das Buch aus der Hand legen, um nicht die hundertste Iteration der Sage um das legendäre Schwert Excalibur lesen zu müssen. Auch wenn ich das Fazit nicht vorwegnehmen möchte, diesem Impuls sollte man auf gar keinen Fall folgen. Von einer Wiederholung der historisch eher unbelegten Mär um Artus, Merlin und die Ritter der Tafelrunde ist Once & Future so weit entfernt wie Monty Pythons Ritter der Kokosnuß.

Once & Future präsentiert eine etwas andere Artussage  ...
Imposante Erscheinung: Artus einmal anders.


Eine Gruppe von Nationalisten um die schöne Elaine entwendet in Cornwall ein antikes Artefakt – einen Gürtel mit einer Schwertscheide aus dem 6. Jahrhundert. Diese Nachricht ist für die ehemalige Monsterjägerin Bridgette McGuire Grund genug, aus der Langeweile ihres Altersheims zu entfliehen und ihren eher ahnungslosen Enkel Duncan mit in eine mystische und bizarre Geschichte zu ziehen. Duncan, der bei seiner Großmutter aufgewachsen ist, wird nicht nur von dem beachtlichen Waffenarsenal und der durchaus rabiaten Art – in jüngster Zeit nur noch genutzt, um ihre Altersgenossen in Schach zu halten – seiner Oma überrascht, sondern auch von dem legendären farbenfrohen Questentier – wieder einer Anspielung auf die legendäre Welt von Artus. Und von da an geht es Schlag auf Schlag.

Die beiden können nicht verhindern, dass ein bizarrer und bösartiger Artus mithilfe der Artefakte in einer liminalen Welt, der Anderswelt, zum Leben erweckt wird. Der Sage nach sollte er in Britanniens dunkelster Stunde zurückkehren. Doch kehrt er jetzt zurück, weil es Britanniens dunkelste Stunde ist – oder löst seine Rückkehr eben diese aus?

Ohne die Frage an dieser Stelle zu beantworten, müssen wir noch einen Blick auf Elaine, ehemalige Mitarbeiterin von Oma McGuire, werfen. Die Dame hat das ganze Chaos im Wesentlichen mit zu verantworten und hat mit ihrem Sohn Galahad viel weitreichendere Pläne. Zieht man dann doch wieder die alte Sage heran, kann man wohl vermuten, dass hinter den hehren Zielen eines befreiten Britanniens die Hoffnung keimt, mit ihrem Sohn, dem makellosen Ritter, den Heiligen Gral finden zu können.

... in der ein Enkel an der Seite seiner Großmutter kämpft ...
In einem sagenhaften Kampf vereint: Enkel Duncan und seine rabiate Großmutter Bridgette.


Viel mehr sollte man an dieser Stelle nicht verraten, einen kleinen Eindruck von der rasanten Geschichte, die kaum Raum zum Atmen lässt, ist hoffentlich angekommen.

Diese Rasanz ist aber nicht nur ein Produkt der inhaltlichen Geschehnisse, bei Once & Future wird einmal mehr deutlich, was ein begnadeter Zeichner und ein nicht minder talentierter Inker wie Dan Mora aus einer schon überdurchschnittlichen Story machen können. Von Seite eins an zieht die Geschichte den Leser in ihren Bann und die Einführung der wesentlichen Charaktere geschieht mit einer Selbstverständlichkeit, für die manch ein anderes Autoren/Zeichner-Team gepaart mit stilsicherer Farbgebung sicherlich einen ganzen ersten Band benötigen würden.

... die über ein beachtliches Waffenarsenal verfügt.
Bis an die Zähne bewaffnet: die ehemalige Monsterjägerin Bridgette McGuire.


Häufig in anderen Rezensionen gezogenen Vergleichen (z. B. zu Indiana Jones, Buffy, RED) kann man in einem Punkt wirklich ohne Wenn und Aber zustimmen: Duncans Oma, die ehemalige Monsterjägerin, erinnert verblüffend an die schwer bewaffnete, von Helen Mirren gespielte Victoria Winslow in der Verfilmung von Warren Ellis' und Cully Hamners Comic RED. Bleibt eigentlich nur zu bemerken, dass Once & Future eine der erfolgreichsten Serieneinführungen im Jahr 2019 war (die Nachfrage war größer als die Auflage und führte dazu, dass #1 zwei Wochen vor dem Verkaufsstart ausverkauft war) – nicht ohne Grund.

Mit »Der König ist untot« legen Kieron Gillen, Dan Mora und die Koloristin Tamra Bonvillain einen mehr als unterhaltsamen ersten Band vor, und es ist absolut verständlich, dass die ursprünglich auf diesen einen Band beschränkte Arbeit fortgesetzt wird. Kurzweilig, spannend und humorvoll. Was will man mehr?!

[Stephan Schunck]

Abbildungen © 2020 Cross Cult


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