YPS Nr. 1258: Was vom Hype übrig bleibt

Känguru Yps

Im Vorfeld wurde viel über das neue YPS berichtet. Trotzdem wurde so mancher von dem großen Interesse überrascht, als es am 11. Oktober 2012 in den Handel kam. Für CRON machte sich Matthias Hofmann ein paar Gedanken.

Eigentlich sind wir doch schon erwachsen!cr ICON-Rezensionen
YPS Nr. 1258: Das Känguru hoppelt wieder

VON MATTHIAS HOFMANN

YPS Cover mit Gimmick Da liegt es nun. Das neue YPS. Mit Gimmick und wiederverschließbarer Plastikhülle. Draußen fliegen die herbstlich verrunzelten Blätter von den Bäumen und im Garten entdecke ich wieder ein paar neue Champignons im Rasen, die ich nicht gepflanzt habe, die aber jedes Jahr aufs Neue aus dem Nichts auftauchen, wie es Pilze eben so tun.

Das neue YPS ist nicht aus dem Nichts aufgetaucht. Die Rückkehr der kultigen Jungensbroschüre wurde im April angekündigt, mit dem Hinweis, dass man das Konzept radikal verändern wird. Daran an schloss sich das übliche Internetgelaber: Wieso? Ach was? Weshalb das denn? Und was, zum Henker, will uns der Verlag damit sagen?

Ja, da liegt es nun. Das neue YPS. Mit einer Vorderseite, die man mit Sicherheit als eine der größten Layout-Katastrophen des aktuell laufenden Jahrtausends werten kann. Sie besitzt kein Titelmotiv und besteht aus lauter Text und Logos. Aber so schnell lasse ich mich nicht abschrecken. Ich habe es trotzdem gelesen. Und – darf ich das jetzt schon vorweg nehmen? – mich dabei gut unterhalten. Nicht sehr gut oder über die Maßen gut, aber ziemlich gut.

Mein Blick fällt auf das Gimmick. Die Urzeitkrebse. Schon wieder. Warum nur? Lagen die damals nicht gefühlt ein Mal pro Jahr bei? Diesmal gibt’s zu den Eiern und dem Futter noch Spezialwerkzeug: eine Lupe und ein Futterlöffel. Auch das gab's damals nicht: In kleiner Schrift ist ein Hinweis aufgedruckt: »Warnung! Nicht geeignet für Kinder unter 36 Monaten. Erstickungsgefahr.«

Alles in allem eher enttäuschend. Transferleistung Fehlanzeige. Hat man es sich bei der Auswahl der Beilage zu leicht gemacht? Immerhin war früher der phantasievoll deklarierte Plastikschrott der Hauptanreiz zum Kauf eines Hefts. Laut vorab durchgeführten Umfragen für den Relaunch ist dieses Fischfutter das Gimmick, das von den meisten der damaligen Leser in Erinnerung behalten wurde. Will man also mit dem neuen YPS alte und nostalgische Gefühle auslösen, dann passt es wieder. Doch alles richtig gemacht?

YPS Nr. 25Die Urzeitkrebse gehören zu den Gimmicks, die durchaus problematisch sind. Früher war es eher so, dass aus den Eiern kaum etwas Vorzeigbares entschlüpfte. Und falls doch, war es eher klein, unansehnlich und begann nach ein paar Tagen zu stinken. Hatte man wider Erwarten doch Glück und nach einiger Zeit des bangen Wartens schwirrendes Leben im Einmachglas, stellte sich spätestens am Tag, an dem das Futter alle war, die Frage, ob man dem Drängen der Mutter, das Lebend-Gimmick doch endlich das Klo runterzuspülen, nachgeben sollte oder nicht.

Da die Urzeitkrebse mit YPS so untrennbar verbunden sind wie kein anderes Gimmick, kann man hier ein Auge zudrücken. Das war wohl unvermeidbar und im selbstkonstruierten Nostalgie-Bezugssystem ist das vertretbar. Bei der zweiten Ausgabe kommt Christian Kallenberg, der Chefredakteur, allerdings nicht so billig davon. Für die neue ältere Zielgruppe muss da schon etwas Besseres oder zumindest Originelleres als Beilage kommen.

Wo wir gerade bei Kallenberg sind. Dieser war u.a. Chefredakteur des Männer- und Lifestylemagazins FHM und stand Egmont Ehapas Disney-Chefredakteur Peter Höpfner mit Rat und Tat zur Seite, als dieser das DONALD-Lifestylemagazin 2011 aus der Taufe hob. Kallenberg hat also durchaus Erfahrung, wenn es darum geht, ein Magazin für »erwachsene Kinder« oder eben die YPS-Leser von damals, die jetzt zwischen 30 und 45 Jahre alt sind, zu konzipieren. Wovon er weniger Ahnung hat, das sind die Comics. Mit zu den übelsten und völlig uninteressantesten Comics gehörten neben den Abenteuern von Yps & Co. die Geschichten von Yinni und Yan. Und was findet man im neuen YPS? Genau diese Figuren … mit alten Comics (Nachdruck aus YPS 115). Dann doch lieber die auch nicht gerade originellen Geschichten von Hund Pif und Kater Herkules. Aber das waren Lizenzcomics und die kosten mehr Geld als einmal in den Fundus der Eigenproduktionen gegriffen.

Hier wurde eine große Chance vertan, denn nach dem Gimmick waren die Comics für viele der Hauptanreiz, das Heft zu kaufen. Die Präsentation der neuen Comics wie Zombillennium wirkt obendrein eher wie hauseigenes Product Placement und durch die Art der Präsentation, z.B. verkleinert, wie luschige Gratis-Leseproben. Hier ist noch viel Luft nach oben, und man sollte sich, wenn man schon eine ältere Zielgruppe im Auge hat, durchaus mal bei Magazinen wie Fluide Glacial umschauen oder doch etwas Geld in die Hand nehmen, um interessante Comics an Land zu ziehen. Warum nicht auch neue deutsche Eigenproduktionen? Es gäbe genug gute deutsche Zeichner, die für eine Veröffentlichung in Frage kämen.

 YPS Nr. 1258 Editorial

Ansonsten bietet das Hochglanzmagazin viel Nostalgie. Nicht nur die Nummerierung wird fortgeführt, um dadurch die Brücke zu den guten alten Zeiten zu schlagen, sondern es gibt »12 Zaubertricks für die nächste langweilige Party«, dazu kann man »Spion werden« und mit den Tipps und Tricks der neuen YPS-Redaktion sogar mit etwas Glück »Dinosaurier finden«. Die Themen sind mit Bedacht gewählt. Die Ausführung selbiger bleibt etwas halbgar. Wirkliche Ausrutscher gibt es freilich auch. Eine Modenschau war nie Teil des YPS-Feelings, egal, ob sie jetzt mit »Looks wie in den Achtzigern« oder dargestellt von Yps, Kaspar, Patsch und Willy daher kommt. Das ist alles sehr platt. Die Rubrik »Neue Gimmicks« stellt uralte Kamellen wie den USB-Tassenwärmer oder eine Computertastatur aus Holz vor und lässt damit eine erschreckende Kreativitätsarmut erkennen.

YPS Nr. 1258 Inhaltsverzeichnis

Insgesamt schafft der Content-Mix es dennoch, wehmütige Erinnerungen an die Kindheit so manches Lesers zu wecken. Es kommt alles luftig daher und nicht so nerdig, wie es die Traditionalisten unter den Hardcore-Fans gerne gehabt hätten. Es ist halt doch nicht jeder YPS-Fan zum Serienjunkie oder zur Couch-Potato geworden, und wer gerne etwas über Bernhard Grzimek, Ein Kessel Buntes, Am Laufenden Band oder Pippi Langstrumpf, Winnetou und Daktari in einem grenzwertig, muffigen Layout lesen will, der sollte doch eher zum Magazin KULT! greifen.

Comicfans sind höchstwahrscheinlich die Gruppe der ehemaligen YPS-Leser, die von dem neuen YPS am meisten enttäuscht sind. Das macht aber nichts, denn die 120.000 Exemplare der Auflage müssen von einer viel breiteren Zielgruppe gekauft werden. Kurz nach dem Erstverkaufstag hat sich gezeigt, dass das Konzept aufgegangen ist. Das Heft war an vielen Orten ausverkauft, auch über den Onlineshop des Verlags war es schnell nicht mehr zu haben. Auf eBay erzielte ein frisch erschienenes Exemplar, welches man morgens an der Tankstelle gekauft hatte, zwei Tage später einen Preis bis 25 Euro. Das neue YPS bescherte Egmont Ehapa einen beachtlichen Hype, den keiner so richtig auf dem Schirm hatte.

YPS Alte Ausgaben

Aber hätte man es sich nicht denken können? Mehr als 60.000 Freunde können kein Zufall sein. In der Woche des Erscheinens von YPS Nr. 1258 hatte die Facebook-Seite von YPS 66.000 Fans. Anfang November sind es imposante 84.828 »Gefällt mir«-Angaben und 1.469 Leute »sprechen darüber«. Ein Eintrag zum Erscheinen des Hefts generierte über 1.800 Kommentare.

Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann. YPS ist wieder »in«. Beim Verlag kann man hochzufrieden sein. Was durchaus zum Ritt auf der Rasierklinge hätte werden können, erwies sich als veritabler Hit. Allerdings wusste schon Äsop, dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht. Die eigentliche Nagelprobe, ob das neue Konzept etwas taugt, wird mit der zweiten Ausgabe erfolgen.

Inzwischen ist das neue YPS auch elektronisch zu haben. Im AppStore gibt es die Magazin-App fürs iPad für 3,99 Euro (Android & Co.-Nutzer müssen aus Kostengründen warten wie die Resonanz ausfällt und hoffen, dass es 2013 auch für sie Stoff zum downloaden gibt.) Als Extra-Gimmick für das elektronische YPS wird ein iPhone-Spiel aufgeboten, bei dem man das Känguru Yps und seinen Solarzeppelin über vier verschiedene Level sicher nach Hause bringen muss. Auf dem Weg ins traute Heim gilt es Kakteen, Bienen und andere Gefährlichkeiten zu überwinden. Kein Witz.

Abbildungen © Egmont Ehapa


Die Daten

YPS Nr. 1258 (Ausgabe 1/2012)
Egmont Ehapa Verlag GmbH, Berlin
Magazin, Rückenbindung, Farbe, 100 Seiten, 5,90 Euro


Weiterführende Links:

Facebook-Seite: YPS mit Gimmick

Apple AppStore: YPS-App