Frisch Gelesen Folge 172: Punisher: Soviet – Russische Sünden

»Du hast dir nie die Hände schmutzig gemacht.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Punisher: Soviet – Russische Sünden

Story: Garth Ennis
Zeichnungen: Jacen Burrows

Panini
Softcover │ 140 Seiten │ Farbe │ 17,00 €
ISBN: 978-3-7416-1915-1

Genre: Superhelden, Krieg, Action

Für alle, die das mögen: Punisher, Rambo, Platoon



Garth Ennis schaut mal wieder vorbei und verhilft dem Punisher zu neuer Relevanz. Dabei knüpft er scheinbar völlig mühelos an seine Glanzlichter an, die er für die Labels Marvel Knights und Max beigesteuert hat. Seit seinem Rückzug waren so manche belanglose Geschichten mit Frank Castle erschienen, auch sonderbare Ideen wie ein Punisher in einer War-Machine-Rüstung.

In der Flut der belanglosen Hefte gab es allerdings auch die überaus bemerkenswerten Arbeiten der Autorin Becky Cloonan. Endlich fühlten sich die Abenteuer von Castle so gekonnt erzählt an wie vom Nordiren Ennis. Darüber hinaus steckte so viel Engagement und Wille zur Innovation in diesem Run; bereits die überaus kreativen Cover zauberten ein Lächeln ins Gesicht.

Wie konservativ und gewöhnlich wirkt dagegen Punisher: Soviet, was bitte nicht abfällig verstanden werden soll. Ennis hat eine bestens funktionierende Formel gefunden, warum sollte er verkrampft versuchen, etwas völlig anderes zu erfinden?


Übung macht sich bemerkbar: Ennis spult sein bewährtes Programm erneut perfekt ab.


Punisher Soviet
greift eine Frage auf, die bereits in der Vergangenheit des Öfteren gestellt wurde, etwa in der ersten Staffel der Punisher-Fernsehserie auf Netflix oder in Welcome back, Frank: Ist jeder, der Selbstjustiz verübt, ein würdiger Punisher?

In New York hat die russische Mafia gewaltig expandiert. Ein Unbekannter beginnt gegenzusteuern und richtet die Kriminellen mit gezielten, präzisen Angriffen hin. Alles deutet auf das Werk des Punishers hin, doch der hatte nichts damit zu tun und will selbst aufklären, wer dahinter steckt. Er trifft auf eine Art Spiegelbild: Ein Soldat ohne Familie, vom Krieg schwer traumatisiert und davon besessen Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Valery Stepanovich ist also eine Art russischer Punisher.


Neuer Killer in der Stadt: Jemand Neues scheint den Punisher täuschend echt nachzuahmen.


Durchgängig spannend, teilweise aber etwas kompliziert erzählt, entfaltet sich eine Geschichte über die Menschen, die von Kriegen und Verbrechen profitieren und über diejenigen, die die Drecksarbeit ausführen müssen und ohne Gewissensbisse von den Drahtziehern geopfert werden. Der Oligarch Konstantin Pronchenko ist so ein Mann, der lieber seinen Reichtum und seine jungen, attraktiven Trophäen-Frauen genießen will und sich nicht mit schmutzigen Details belasten möchte.

Mit der selbstbewussten, cleveren Zinaida Sebrovna, der aktuellen Gattin des Schurken, tritt eine weitere Figur auf, die Castle offenbar ebenso beeindruckt wie Ex-Soldat Stepanovich. Obwohl dieser Comic reichlich brutale Szenen enthält und vom Verlag ab 18 Jahren empfohlen wird, bietet die starke, emanzipierte Frau ein moderneres Welt- und Frauenbild als etliche Hollywoodfilme mit Frauen, die entweder gerettet werden müssen oder als Deko dienen. Und der politisch interessierte Leser dürfte auch die Anspielungen im Comic auf reiche Russen, die US-Politiker für ihre Zwecke einspannen wollen, zu schätzen wissen.

Ganz so brillant wie die Netflix-Serie Daredevil ist dieser Comic dann nicht gerade geworden, aber auf Augenhöhe mit Titeln wie Punisher: Born, Kitchen Irish, The Slavers und Barracuda.

[Stefan Svik]

Abbildungen © 2020 Panini Comics


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