Frisch Gelesen Folge 200: Die Vunderwollen

Die Vunderwollen Teaser

»He, ihr Bananen, die Party geht los …«


FRISCH GELESEN: Archiv


Das Titelbild von Die Vunderwollen

Die Vunderwollen

Story: Camille Jourdy
Zeichnungen: Camille Jourdy

Reprodukt
Hardcover | 158 Seiten | Farbe | 24,00 €
ISBN: 978-3-95640-235-7

Genre: Kindercomics, Märchen

Für alle, die das mögen: Alice im Wunderland, Mio mein Mio, Hilda


 

Was für ein vunderwoller Comic! Die Vunderwollen von Camille Jourdy hat mich total überrascht, denn unter der großen Masse all der ganzen neuzeitlichen Comics für Kinder, die wahlweise zuckersüß-schnuckelig oder pädagogisch wertvoll sein wollen, sticht die immerhin mehr als 150 Seiten starke Story weit hervor. Im positiven Sinn natürlich.

Von Jourdy erschien 2012 die Graphic Novel Rosalie Blum bei Reprodukt. Ein Debüt, welches Lust machte auf mehr und schon damals zeigte, was die 1979 geborene Französin gut kann: schrullige Charaktere.

Für Die Vunderwollen ließ sich Jourdy offensichtlich von Lewis Carrolls Alice im Wunderland inspirieren. Erzählt wird die Geschichte von dem Mädchen Jo, das sich in der Pubertät befindet und deshalb einigermaßen widerspenstig und eigensinnig ist.

Leseprobe Die VunderwollenWeg von der Schwiegermutter, hinein ins Land der Vunderwollen.

 

Während eines Camping-Trips schnappt sich Jo einfach ihren Rucksack und büxt aus. Inmitten der Natur, zwischen Büschen und Unterholz, begegnen ihr zwei zwergenhafte Wesen, die auf Minipferden reiten. Sie folgt ihnen gegen deren Willen durch einen Tunnel und landet in einem ganz merkwürdigen (oder werkmürdigen?) Land, in dem es vor lauter kuriosen Gestalten nur so wimmelt.

So trifft sie einen Zyklopen, ein Krokodil, einen Fuchs, Fledermäuse und weitere Geschöpfe, die alle sprechen, meist aufrecht gehen und zum Teil auch Klamotten tragen. Wie der niedliche Hund mit den regenbogenfarbenen Stiefeln.

Natürlich gibt es auch einen Bösewicht und etwas zu retten. Die Mutter des kleinen katzenhaften Mädchens Nouk wurde entführt von Kaiser Kater. Und einige andere aus der Gemeinschaft dazu.

Und so begibt sich ein schräges Kuriositätenkabinett von mehr oder weniger mutigen Figuren, zusammen mit Jo, auf den Weg ins gut bewachte Schloss und versucht, sich im Rahmen eines Kostümballs hineinzuschmuggeln. Unter den sonstigen Besuchern sind Prinzessin Heidi von der Alm, Gräfin Nackefuß oder Clementine Keinkokolores.

Leseprobe Die VunderwollenDialoge mit Witz: Auf zum Maskenball im Schloss!

 

Man merkt schon: Es geht ganz schön witzig und abgefahren zu. Und das ist das Schöne an diesem Comic, denn der absurde Humor weiß genau so gut zu unterhalten, wie die Zeichnungen gefallen. Die pastellfarbene Kolorierung ist schillernd bunt wie eine Tüte Smarties auf Drogen. Stellenweise entsteht über manchen Seiten ein regelrechter Farbenrausch.

Jourdys Aquarellzeichnungen haben eine gewisse Leichtigkeit sowie eine verspielte Unschuld, die man selten findet. Vom Strich erinnert Jourdy etwas an Anke Kuhl. Und wer deren neusten Kindercomic Menno! kennt, wird wissen, was ich meine.

Wenn man unbedingt will, könnte man kritisieren, dass die Panelaufteilung etwas zu kleinteilig sei. Rund zehn Panels pro Seite sind schon ganz schön viel. Aber es passt insgesamt zu dieser verrückten Story und die größeren Bilder, die es ebenfalls gibt, wirken, wenn sie gezielt platziert worden sind, so umso besser.

Leseprobe Die VunderwollenEs gibt auch ruhige Momente: Wandern durch Mutter Natur.

 

Die Vunderwollen zählt für mich unter den Kindercomics der letzten Jahre zu den besten Vertretern seiner Zunft. Unbedingt reinschauen! Und wenn’s Comiclesestoff für Erwachsene sein soll: Eine Neuedition von Rosalie Blum ist von Reprodukt für Februar 2021 angekündigt. Vunderwoll!

[Matthias Hofmann]

Abbildungen © 2020 Reprodukt / Camille Jourdy


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Oder beim Verlag: Reprodukt