Frisch Gelesen Folge 195: Rocky Beach – Eine Interpretation

»Du willst mir allen Ernstes erzählen, du und deine Kumpels seid als Detektive Erwachsenen auf die Nerven gegangen?«


FRISCH GELESEN: Archiv


Rocky Beach – Eine Interpretation

Story: Christopher Tauber
Zeichnungen: Hanna Wenzel

Kosmos Verlag
Hardcover | 200 Seiten | s/w | 25,00 €
ISBN: 978-3-440-16562-1

Genre: Abenteuer

Für alle, die das mögen: Die drei ???, Krimis, Jugendhelden



Im Laufe eines Leselebens stößt man immer wieder auf Geschichten, Personen oder Künstler, zu denen man zu jedem Zeitpunkt seines Lebens zurückkehren möchte. Denn die Magie des ersten Moments geht nie verloren. Man schlägt die erste Seite auf, liest den ersten Satz, sieht das erste Panel und ist eingesogen. Dabei spielt es oft auch keine Rolle, in welchem Medium die Geschichte erzählt wird: Film, Buch oder Comic. Der Herr der Ringe von J.R.R. Tolkien ist so eine Geschichte oder auch Star Trek. In meinem Leben nahm immer die Drei-Fragezeichen-Reihe einen besonderen Platz ein. Nur kurz für die Uneingeweihten: Bei den drei Fragezeichen handelt es sich um drei Jungdetektive, Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, die zunächst in einer Jugendbuchserie jeden Fall übernommen haben. Sie lösten die spezialgelagerten Sonderfälle. Erst in Büchern, später und bis heute als Hörspiel und seit 2015 als Comic, geschrieben von Christopher Tauber.


Die Detektive: früher ...


Tauber war an allen drei Comics zu den Jungdetektiven aus Rocky Beach beteiligt: Die drei ??? und der dreiäugige Totenkopf (2015), Die drei ??? – Das Dorf der Teufel (2017) und Die drei ??? – Das Ritual der Schlangen (2019). Mit dem nun von ihm vorgelegten Band Rocky Beach taucht er noch tiefer in das Universum der drei Detektive ein, denn Tauber erzählt uns eine Geschichte, dir rund 20 Jahre nach dem letzten Fall von Justus, Peter und Bob spielt.

Bei ihrem letzten Fall kam es zu einem tragischen Ereignis, bei dem ein Junge starb. Sie lösten daraufhin ihre Detektei auf, Peter wurde Ermittler für eine Versicherung, Bob schrieb in Hollywood erfolgreiche Drehbücher und Justus betrieb einen Laden in Rocky Beach. Auch in dem kleinen Küstenort ist die Zeit nicht stehen geblieben. Am auffälligsten ist der Umstand, dass aus den ehemals von allen respektierten und beliebten Polizisten echte »Bad Cops« geworden sind: brutal und bestechlich.


... und heute als Erwachsene.


Tauber legt seine Geschichte großartig an. Er weiß, dass er sich Zeit lassen muss für seine Charaktere. So müssen beispielsweise Justus, Peter und Bob bis Seite 80 warten, um ihr Wiedersehen feiern zu können. Tauber spannt die Leser auf die Folter. Aber er nutzt die Zeit bis dahin äußerst geschickt. Er taucht tief ein in die Psyche der Protagonisten. Und das scheint die Antriebsfeder beim Schreiben gewesen zu sein. Im Nachwort zur Geschichte schildert Tauber zwar, dass eine Reise in eine kalifornische Kleinstadt Auslöser gewesen sei, aber sein Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung der drei Detektive. Von jungen Männern hin zu vierzigjährigen, von der Midlife-Crisis geplagten Existenzen: Peter, der sich mit Kollegen rumschlagen muss, der seinen Job als Haifischbecken sieht, Bob, der sich mit langweiligen Skripten eine goldene Nase verdient und weder einem One-Night-Stand noch einer Prise Koks abgeneigt ist, oder Justus, der sich hinter den Büchern seiner Buchhandlung versteckt und der sich als menschenscheu und zurückhaltend geriert. Ihnen allen gibt Tauber den nötigen Platz in seinem Comic. Dass dabei der eigentliche Fall, um den es geht, am Ende etwas zu kurz kommt, lässt sich verschmerzen.


Düsterer Grundton: Hanna Wenzels Zeichnungen.


Die Illustrationen von Hanna Wenzel treffen genau den richtigen Ton. In ihrem Grundton düster legt sie ihren Fokus auf die Emotionen der festgehaltenen Personen. Diese fängt sie vortrefflich ein. Bei Justus' Wutausbruch hat der Betrachter das Gefühl, er sprengt nicht nur das Panel, sondern auch gleich die ganze Seite. Oder Bobs Blick in den Spiegel. Wasser läuft aus seinem Haar über sein Gesicht. Gebrochen, seine Ideale verratend. Ein Bild erzählt eine ganze Lebensgeschichte.

Ohne zu spoilern, kann ich verraten, dass es natürlich am Ende dem ersten Detektiv Justus Jonas gelingt, infolge eines seiner spektakulären Einzelgänge den Fall zu lösen. Und wie immer stehen Peter und Bob zum Schluss staunend dabei.

Die Interpretation, Justus, Peter und Bob als Männer zu zeigen, hat funktioniert. Und ich hoffe, dass Rocky Beach nicht als Oneshot geplant ist, sondern dass uns Tauber noch öfter hier herholt. Denn wie gesagt, es gibt Geschichten, zu denen man zu jedem Zeitpunkt seines Lebens zurückkehren möchte.

[Bernd Hinrichs]

Abbildungen © 2020 Kosmos Verlag


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