Rory Gallagher liebte Bücher über abgebrühte Privatschnüffler von Autoren wie Raymond Chandler und Dashiell Hammett. Viele seiner Kompositionen wurden von ihren Storys und fiktiven Charakteren inspiriert. Die besten davon sind auf Kickback City zu hören. Sie bilden den Soundtrack zu Ian Rankins neuer Erzählung »The Lie Factory«, worin der Autor Rorys Lyrics und Songs geschickt mit der Handlung verwebt. Der US-Comiczeichner Timothy Trumann (Grimjack, Jonah Hex) hat das Ganze illustriert.
Rory Gallaghers Kickback City - The Lie Factory
Drei Männer, eine Vision
VON BJÖRN BISCHOFF
»Sinner Boy. He’d given me the nickname back then precisely because I’d kept my mouth shut – his idea of a joke.«
Comics und Musik, das kann gut funktionieren. Der kanadische Turntablist Kid Koala hat etwa mit »Space Cadet« eine wunderschöne Geschichte mit perfektem Soundtrack vorgelegt. Und überhaupt sind sich die meisten Musiker sehr bewusst über die visuelle Seite, die sie mit den Plattenhüllen transportieren. Ob der irische Bluesveteran Rory Gallagher das auch so gesehen hat? Vor 18 Jahren starb er an den Folgen einer Lebertransplantation.
Und weil Gallagher Bücher von Raymond Chandler und Dashiell Hammett liebte, wie die Produktinformation verrät, gibt es nun eine Zusammenstellung der Songs, in denen das deutlich zum Ausdruck kommen soll. Mit dabei eine Kurzgeschichte von Bestseller-Autor Ian Rankin, Illustrationen von Comiczeichner Timothy Truman und ein Hörbuch, vorgelesen von Schauspieler Aidan Quinn – die perfekte Ansammlung von Namen für eine Platte von einem Musiker, den heute wohl nur noch Kenner des Genres auf der Liste haben.
Über die Musik von Rory Gallagher haben schon viele andere Journalisten Worte verloren. Er gehörte zu den Guten des Blues, wenn auch seine Musik im 21. Jahrhundert die üblichen Alterserscheinungen hat und wohl bei den wenigsten im Ohr hängen bleibt. Country, Rock und Blues - der passende Sound für das alternative Programm bei Radio Bremen am Sonntagabend ab 18 Uhr. Er lebte wenigstens für seine Musik.
Ob Ian Rankin für solche Geschichten lebt wie jene, die er unter dem Titel »The Lie Factory« zu der Zusammenstellung legte, darf zumindest angezweifelt werden. Vielleicht liebt er Stereotype und Schablonen des Crime Noir: Ein Privatdetektiv, schöne Frauen, Boxer, falsche Spiele, Bars, alte Widersacher und übertrieben unterkühlte Dialoge. Die Stadt ist natürlich auch ein totaler Sündenpfuhl, in dem nur Lug und Trug herrscht. Es ist wirklich schon eine Kunst so viele unfreiwillig komische Szenen auf ein paar Seiten zusammenzutragen. Rankin erzählt das alles ab der ersten Seite bereits so konfus und mit komischen Zeitsprüngen, dass man sich nur so durch die Geschichte vorwärts quält. Die Verbindung zu Rory Gallagher ist dann das sinnfreie Einstreuen von Songtiteln, die in den Dialogen eine Vielzahl von Charakteren zum Besten geben.
Die Bilder von Timothy Truman bilden schließlich den herausragenden Moment. Mit monochromen Illustrationen fängt er die Atmosphäre der Geschichte gut ein. Er bringt das Flair des Crime Noir damit ziemlich charmant unter.
Warum seine Zeichnungen aber als Doppelseiten zwischen je zwei Seiten Text stehen, erschließt sich nicht. Das komplette Transportieren der Geschichte in einen Comic hätte der ganzen Sache sehr gut getan. Trumans zeichnerische Qualitäten hätten die eine oder andere Schwäche der Story locker verborgen.
So bleibt es eine Kurzgeschichte mit netten Illustrationen auf ein paar Seiten, was sich aber nicht so wirklich zusammenfügen will zu einem Ganzen. Musik und Comics, das geht gut zusammen. Man muss es nur gleich richtig machen.
Abbildungen © 2013 Sony Music
Die nackten Faken
Rory Gallagher's Kickback City: The Lie Factory
Sony Music
Text: Ian Rankin, Zeichnungen: Timothy Truman
Box-Set/Package mit: 3 CDs (CD 1: KICKBACK CITY/Studio-Takes, CD 2: KICKBACK CITY/Live-Takes, CD 3: The Lie Factory erzählt von Aidan Quinn), The Lie Factory als 44-seitiges Hardcover mit Illustrationen von Timothy Truman, 4 Postkarten mit unterschiedlichen Lie Factory-Motiven)
Preis: 20,99 €
Weiterführender Link:
Homepage des Künstlers: www.rorygallagher.com