Cross Cult: Steam Noir mit Interviews

Abt: Deutscher Steampunk

Bizarre Welten

Steamnoir bei Cross Cult:

Nach Jakob wagt sich das Duo Mertikat/Schreuder an eine ganze Serie

Interview mit Benjamin Schreuder

Die Comic-Fabel Jakob war nur der Anfang. Benjamin Schreuder (Text) und Felix Mertikat (Zeichnungen) legten 2010 mit der Geschichte um den achtjährigen Jungen Jakob und den Tod dessen Mutter ein beachtliches Debüt vor.

Rund eineinhalb Jahre später erscheint ihr nächstes gemeinsames Werk: Steam Noir. Das Ganze wird als »Steampunk-Saga« angekündigt. Band 1, mit dem Titel »Das Kupferherz«, kommt am 10. Oktober 2011 in den Handel.

Matthias Hofmann befragte den Szenaristen Benjamin Schreuder über das neuste Baby des Duos. Felix Mertikat, der sich gerade im Urlaub befand und keine Fragen beantworten konnte, grüßt die Leser recht schön.

Im Anschluss gibt es ein weiteres Kurzinterview mit Filip Kolek von Cross Cult, in dem es teilweise ebenfalls um Steam Noir geht.


Euer neustes Projekt Steam Noir wird gerade gedruckt. Was kann jetzt noch schief gehen?

Schief gehen kann ja immer viel – aber warum den Teufel an die Wand malen? Im Moment freuen wir uns mit Cross Cult einfach darüber, dass wir unsere zweite Comic-Zusammenarbeit abgeschlossen haben.  Unser Gefühl ist gut. Jetzt stehen Interviews, Signierstunden und die Buchmesse an – und wir sind sehr gespannt auf das Feedback. Gleichzeitig sind wir froh, mal Tastatur und Tusche ein wenig zur Seite schieben zu können und ab und an mal wie normale Menschen zu schlafen.

Erzähle bitte mit deinen eigenen Worten, um was es bei dieser Geschichte geht.

An der Oberfläche ist es ein Krimi mit Elementen aus Steampunk und Schauerromantik ... und vielleicht auch ein paar Studio Ghibli-Reminiszenzen. Darunter erzählen wir jedoch von Individuen in Grenzsituationen. Eine wichtige Frage ist für uns: Was würde ein Mensch tun, um dem Tod zu entgehen oder um eine geliebte Person vor dem Tod zu retten? In der Welt von Steam Noir »Das Kupferherz« geht es insgesamt stark um Grenzen, die überwunden werden oder sich aufzulösen drohen: Grenzen zwischen dem Reich der Toten und der Lebenden, aber auch zwischen Mensch und Maschine, zwischen dem Übernatürlichen und dem Alltäglichen etc. Auch unsere Protagonisten gehen an ihre Grenzen ... und darüber hinaus.

Wie lange habt ihr insgesamt an dem Comic gearbeitet?

So genau lässt sich das nur schwer beziffern. Mit dem Gedanken, einen Steampunk-Comic zu machen, gehen wir schon seit über zwei Jahren schwanger ... auch angespornt durch Andreas Mergenthalers Begeisterung für Felix Opus Anima-Rollenspielbuch. Schon während der Arbeit an Jakob, also ab dem Sommer 2009, haben wir erste Grundlagen für »Das Kupferherz« gelegt. Mitte 2010 begann die eigentliche Arbeit an der Geschichte – parallel hat Felix angefangen, die Welt und ihre Figuren auszudesignen. Rückblickend lässt sich sagen, dass die Balance aus groteskem Humor, lyrischen Momenten, spannendem Krimi und den philosophischen Elementen uns am meisten beschäftigt hat.

Welcher Typ von Leser sollte Steam Noir unbedingt lesen?

Ein Leser, der sich offen und ohne Erwartungen dem Sog der Geschichte überlässt. Der Geschichten mag, die stellenweise barock ausschweifen und immer auch ein wenig lebendiges Chaos enthalten – und eben nicht durch lineare Erzählstrukturen nur den Verstand ansprechen. Auf visueller Ebene erwartet den Leser eine Welt voller liebevoll gestalteter Figuren, Gebäuden, Fortbewegungsmitteln und technischen Apparaten – alles mit einem Dreh zum Grotesken hin. Ich denke, der ideale Steam Noir-Leser wird sich – ähnlich wie ich immer wieder – daran erfreuen, wie viele subtile Details und Anspielungen Felix selbst in den kleinsten Panels unterbringen kann ...

Wie kann man sich die gemeinsame Entwicklung der Geschichte vorstellen? Und wie stark in Dein Einfluss auf die Zeichnungen von Felix Mertikat?

Bevor ich das Drehbuch schreibe, habe ich mit Felix schon den Rahmen für die Geschichte, die Spannungsbögen, die Handlungsräume, die Figuren und den Tonfall der Dialoge abgesteckt. Auf dem Drehbuch basiert dann Felix´ erstes Storyboard. Selbst wenn ich beim Schreiben spontan einen Ort wie die wassergeflutete Zoohandlung mit den umgestürzten Käfigen erfinde, ist es Felix visuelle Umsetzung, die den Ort erst wirklich lebendig macht. Falls ihm beim Zeichnen gerade das passende Detail nicht sofort einfällt, kann es sein, dass ich eine SMS bekomme: »Wie sehen die verzerrten Tiere in der Zoohandlung aus?« Ich schicke ihm dann gleich meine ersten Ideen rüber (»Tiere mit golden glühenden Augen; Tiere, verwachsen mit Pflanzen«) und er ergänzt z.B. noch ein Tier, das Zeitungspapier als Haut trägt. So mischen sich unsere Vorstellungswelten immer wieder aufs Neue.

An was arbeitet ihr gerade bzw. was ist als Nächstes geplant?

Ich möchte gern eine meiner Kinderbuchideen ausarbeiten und hab auch noch ein, zwei Filmdrehbücher in der Schublade – aber mein größtes Projekt ist »Zeitland media & games«. Mit meinen Kollegen entwickle ich dort Geschichten für interaktive Anwendungen (z.B. die Ravensburger tiptoi-Reihe) und eigene Videospiele. Nebenbei mache ich die Pressearbeit und plane mit den Anderen den weiteren Firmenaufbau.

Felix arbeitet ja als freier Illustrator und hat darüber hinaus noch viele Pläne mit dem Steam Noi"-Universum. Er wird demnächst mit Cross Cult einen Autor suchen, der die Storyline für »Kupferherz Band 2« konkret ausarbeitet. Ich selbst ziehe mich vorerst etwas vom Comic-Schreiben zurück – »Zeitland« hat gerade Priorität.


Weiterführende Links:

www.felix-mertikat.de
jakobsreise.wordpress.com ("Jakob" – das Comicdebüt der beiden)
www.opusanima.de
www.steamnoir.com
www.facebook.com/steamnoir
www.zeitland.com


Cross Cult im Herbst

Stuck Rubber Baby, Das Schwert und mehr

Kurzinterview mit Filip Kolek von Cross Cult


Der Herbst bei Cross Cult bringt weitere Sin City Neuausgaben sowie interessante Titel wie Steam Noir und Stuck Rubber Baby.

Howard Cruses preisgekröntes Werk von 1995 passt irgendwie nicht richtig zum sonstigen Cross Cult-Programm. Was hat euch da getrieben?

Im Prinzip passt Stuck Rubber Baby genauso wenig ins Programm wie 2010 Jakob oder Coseys Auf der Suche nach Peter Pan oder Alan Moores Lost Girls - oder eben doch ...

Ein, zwei Mal im Jahr erfüllen wir uns gerne Herzensprojekte, »das besondere Buch«, wenn man so will, das zwar von der Genre-Hinsicht nicht in unser Programm passt, aber dann umso mehr und im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Portfolio herausragt und es bereichert. Im Falle von Stuck Rubber Baby war es unser Wunsch, dieses Juwel der Comic-Geschichte wieder der deutschen Leserschaft vorzustellen. Howard Cruse war 1995 sowohl inhaltlich als auch gattungstechnisch seiner Zeit voraus, heute kann Stuck Rubber Baby als eine der besten und originären Graphic Novels der Comic-Geschichte neu entdeckt werden.

Wie zufrieden seid ihr mit der bisherigen Nachfrage nach der Neuausgabe von Sin City?

Wir sind happy. Es gab eine kleine Welle von Anfragen seitens Kunden, die ihre Reihe mit den Bänden der alten Edition noch nicht komplettiert hatten (vor allem wegen des Rückenbilds). Soweit wir noch Exemplare auf Lager hatten, halfen wir aus, aber jetzt wird es nur noch die schmucke, minimalistische neue Edition geben. 


Früher hieß es bei Cross Cult, dass ihr ein reiner Lizenzverlag seid und keine Eigenproduktionen ins Programm nehmt. Mit Felix Mertikats und Benjamin Schreuders Jakob wurde dies aufgebrochen. Jetzt kommt mit Steam Noir das nächste Werk des Duos. Wie viel mehr Spaß macht es, mit den Künstlern direkt zu arbeiten, statt eine schnöde ausländische Lizenz einzukaufen?

Ist natürlich eine völlig unterschiedliche Arbeits- und Rangehensweise. Wenn ich überlege, wie die Geschichte von Steam Noir sich von den ersten Pitchings bis zum fertigen Buch entwickelt hat, muss ich selber noch staunen. In solche Prozesse hat man selbst als Verleger von Lizenzprojekten (geschweige denn als Leser) wenig Einblick ... Es ist aber naturgemäß auch wesentlich mehr Arbeit und Aufwand. Die Belohnung, das fertige Buch in den Händen zu halten, ist dann umso schöner.

Wie werden die Künstler und der Comic im Herbst und Winter promotet?

Wir werden das Buch auf der Buchmesse im Oktober erstpräsentieren, davor und danach eine Reihe von Signierterminen mit den Jungs machen. Im Dezember wird es z.B. eine Präsentation in der neuen Stuttgarter Staatsbibliothek geben. Daneben gibt es selbstverständlich den gewohnten Presse-Aufriss (grinst)

Sind weitere deutsche Comics in der Pipeline?

Wir haben ein, zwei Projekte in der Hinterhand. Mehr dazu gegen Ende des Jahres.

Kannst Du uns noch einen Titel verraten, der für Frühjahr 2012 geplant ist, aber bislang noch nicht angekündigt wurde?

Wir werden mit viel Karacho die geniale Comic-Reihe The Sword (bei uns Das Schwert) von den Luna-Brüdern im Frühjahr »durchveröffentlichen«. Vier Bände in vier Monaten, statt den üblichen Halbjahresabständen. Weitere Ankündigungen folgen.

Fotos / Abbildungen © Cross Cult


Weiterführender Link:

Homepage des Verlags: www.cross-cult.de