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Carlsen Manga: Programmvorschau Sommer 2016 - Interview mit Kai-Steffen Schwarz

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Der Carlsen Verlag gab das Neuheitenprogramm für den Sommer 2016 bekannt. Das kommende Jahr wird für Carlsen Manga besonders, denn es gilt, das 25. Bestehen zu feiern. CRON sprach mit dem langjährigen Programmleiter des Manga-Marktführers Kai-Steffen Schwarz über die Highlights des neuen Programms.

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Programm-Highlights im Frühjahr/Sommer 2016

Das Manga-Jahr 2016 dürfte wieder stark von Carlsen geprägt werden. Obwohl der Dauerbestseller Naruto seinen Abschied angekündigt hat, wird Carlsen auch im nächsten Jahr mit starken und interessanten Titeln für Gesprächsstoff und Umsätze sorgen. Aber vor allem auch mit seinem Jubiläum: Seit 25 Jahren wird es dann Carlsen Manga geben.

Weil sie so besonders ist, kündigt der Verlag mit der Akira-Box bereits jetzt schon einen Titel aus dem Winterprogramm 2016/2017 an. CRON sprach mit Kai-Steffen Schwarz über Akira und weitere interessante Novitäten des neuen Manga-Programms.


CRON fragt. Kai-Steffen Schwarz antwortet.cr ICON-Fragen
Der Programmleiter im Interview.

Kai-Steffen Schwarz

Kai, das neue Manga-Programm für nächstes Jahr liegt vor und ist nicht nur sehr stark ausgefallen, sondern es markiert ein beachtliches Jubiläum: 25 Jahre Carlsen Manga. Wie lange bis du nochmal dabei?

Danke für die Blumen – wir freuen uns sehr auf einige tolle Neustarts im nächsten Jahr, wie z.B. die zwei SHONEN JUMP-Serien Food Wars – Shokugeki No Soma und My Hero Academia, oder auch den von vielen Fans gewählten Fünfteiler Orange. Und Okitenemuru vom Ousama-Game-Zeichner Hitori Renda. Und einige mehr …carlsenmanga logo neu

Was mich selbst betrifft: Ich bin seit Sommer 1998, also schon seit 17 Jahren bei Carlsen. Zuerst war ich ja Redakteur, Manga gab’s damals recht wenige im Programm. 1999 bin ich dann für sechs Jahre in den Vertrieb gewechselt, seit zehn Jahren bin ich nun Programmleiter Manga.

Respekt! Zehn Jahre Programmleiter und noch keine Abnutzungserscheinungen erkennbar. Von außen [lacht].

25 Jahre Manga. Da kommt eine Menge zusammen. Die Leser von damals sind längst erwachsen und haben selbst Kinder. Und in den 1990ern standen ja die meisten dem Manga ablehnend gegenüber …

Ein Vierteljahrhundert Manga ist natürlich schon toll, das war zu Beginn so sicher nicht abzusehen. Als Akira damals von Andreas C. Knigge ins Carlsen-Programm geholt wurde, hab ich noch im Comicladen gejobbt und anfangs die Stirn gerunzelt, was das denn sei und warum so viele darauf abfahren.

Ich habe als Kind zwar schon Anime wie Biene Maja, Kimba oder Captain Future geguckt, aber dass die Japan kamen, wusste ich ja noch nicht. Und in Sachen Comics bin ich mit frankobelgischen Serien aufgewachsen, und hab z.B. erst Ende der 80er-Jahre überhaupt US-Comics gelesen: Watchmen und Batman: Der Dunkle Ritter kehrt zurück von Miller, Janson & Varley waren die ersten. Dann kamen eben auch japanische Comics dazu. Neben Akira hab ich in den frühen 90er-Jahren auch Crying Freeman und US-Ausgaben einiger anderer Manga verschlungen, und diverse Anime geguckt – meist auf englischen Videocassetten.

Die »25 Jahre«, der stetig wachsende Manga-Markt und die inhaltliche Vielfalt des Mediums lassen auch die ganzen Vorurteile verblassen, mit denen Manga und Anime in der Öffentlichkeit lange zu kämpfen hatten: dass das alles nur Sex, Gewalt und Trash sei, nur Kulleraugen & Kämpfe. Auch später, bei Dragon Ball und Sailor Moon, dachten viele noch, »Manga« an sich sei nur ein Hype. Ich denke mal, solch verengte Sichtweisen sind inzwischen Geschichte. [lacht]

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Von den Anfängen zu den Novitäten, zum kommenden Neuheitenprogramm. Ein Kreis scheint sich zu schließen. Es ist nichts Neues, aber dennoch ein Knüller: die von vielen sehnlichst erwartete Neuauflage von Otomos Akira. In Farbe. Was erwartet uns da?

Akira war bekanntlich die erste Manga-Serie bei Carlsen – die startete 1991. Damals, wie auch in anderen westlichen Märkten, komplett farbig verlegt. Seit Anfang der 2000er-Jahre sind bei uns die schwarzweißen Telefonbücher lieferbar, die alten Farbausgaben sind schon lange vergriffen.

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Zum 25jährigen Geburtstag der deutschen Edition wollen wir im Oktober 2016 nun die komplette Serie in Farbe neu herausbringen – in sechs dicken Bänden, mit schicken neuen Coverdesigns und Extras – in einer auf 1.991 Exemplare limitierten Box, deren sehr schickes Design ursprünglich die spanischen Kollegen von Norma entwickelt haben.

Die Bände selbst werden besseres Papier, Klappenbroschur und Silberdruck auf den Buchrücken bieten. Ein Postkartenset soll beiliegen, und die Stoff-Tragetasche gibt’s auch dazu, damit man die neun Kilo nach Hause tragen kann. Letzte Details klären wir noch.

Akira ist längst ein absoluter Klassiker – in vielerlei Hinsicht immer noch unerreicht. Ihr Schöpfer Katsuhiro Otomo und sein Werk haben in jedem Fall die »ultimative Ehre« einer Sonderedition verdient. Die Box wird nur einmalig aufgelegt. Sie wird schick, aufwändig produziert und teuer. Bis zum nächsten Spätsommer haben alle Fans genug Zeit, sich das zu überlegen – aber wer sie haben möchte, sollte sie sicherheitshalber beim Händler seines Vertrauens vorbestellen.

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Aus dem neuen Programm stechen ein paar Titel hervor, z.B. der von Dir eingangs erwähnte Koch-Manga namens Food Wars. Was hat Food Wars, das z.B. Toriko nicht hat?

Oh, vieles! Die Serien kann man absolut nicht miteinander vergleichen. Gerade die ersten Bände von Food Wars – Shokugeki No Soma bieten auch neckische, leicht erotische Momente, ich sage nur »Foodgasm« – ob wir das mit »Essgasmus« übersetzen werden, weiß ich aber noch nicht.

Action- und Comedy-Elemente gibt es natürlich in beiden Serien, Food Wars – Shokugeki No Soma richtet sich aber an ein leicht älteres Publikum, würde ich sagen. Darin geht es um einen Teenager, der auf einem Internat für Spitzenköche alles über die Haute Cuisine lernen soll. Und es geht um Kochwettkämpfe … Wie die aussehen können, kann man ja bereits im Anime verfolgen, der mit deutschen Untertiteln auf Crunchyroll verfügbar ist. Insofern nicht verwunderlich, dass viele die Serie schon kennen und sich auch den Manga gewünscht haben.

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Das weltweit erfolgreiche Computerspiel Final Fantasy gibt’s jetzt auch als Manga …

Ja, und darauf freuen wir uns riesig! In Japan gibt es ja schon länger Manga aus dem Final-Fantasy-Universum, im Grunde sind wir, wie auch Verlage im Ausland, seit zehn Jahren an dem Thema dran.

Die Manga-Rechtelage ist bei Titeln mit Game-Hintergrund oft extrem kompliziert, die bisherigen Final-Fantasy-Manga etwa dürfen bis heute nur in Japan veröffentlicht werden.

Final Fantasy - Type 0 ist nun der erste Manga aus diesem Universum, der auch ins Ausland lizenziert wurde. Der schildert in fünf Bänden die Vorgeschichte zum Game, dazu gibt es noch einen Einzelband. Letzterer wurde als deutsche Ausgabe sogar bereits im Frühjahr veröffentlicht, allerdings nur im Rahmen einer limitierten Game-Edition. Deshalb machen wir es die die französischen Kollegen von Ki-Oon und bringen den Fünfteiler »Der Krieger mit dem Eisschwert« zuerst, den Einzelband dann im Anschluss heraus.

Man muss Final Fantasy auch überhaupt nicht gespielt haben, um den Manga zu verstehen und genießen zu können. Aber auch die Fans einzelner FF-Games können sich auf eine schöne neue Geschichte freuen.

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Nächstes Jahr jährt sich die Atomkatastrophe von Fukushima zum fünften Mal. Ihr nehmt Euch dem Thema mit Reaktor 1F an. Was für eine Serie erwartet uns da?

Dieser Manga, der auf Deutsch Reaktor 1F – Ein Bericht aus Fukushima heißen wird, ist geradezu ein zeitgeschichtliches Dokument, im Grunde ein »Sachcomic«, eine Reportage.

Der Autor und Zeichner Kazuto Tatsuta (ein Pseudonym) arbeitet tatsächlich jeweils wochen- bzw. monatsweise im Reaktor bzw. auf dem Komplex der Anlage - und zwar jeweils so lange, bis seine maximale Strahlendosis erreicht ist. Dann muss er – wie andere Arbeiter auch – jeweils eine Pause einlegen, in der er dann an seinem Manga weiterzeichnet. Der Manga schildert ganz nüchtern, wie sich die Arbeit in der havarierten Anlage darstellt.

Außer einigen wenigen Videos gibt es ja bis heute kaum bildhafte Darstellungen, wie es vor Ort aussieht. Kein anderes Medium bietet diese Einblicke, die japanischen Ausgaben stießen bereits weltweit auf ein großes Presseecho, auch in der deutschen Presse.

Reaktor 1F wird in drei Bänden abgeschlossen sein; der erste Band erscheint zum Jahrestag im März, der zweite und dritte folgen dann später im Jahr. Ähnlich wie z.B. bei Barfuß durch Hiroshima oder den Taniguchi-Büchern werden wir die Bände im Paperback-Format 14,5 x 21 cm herausbringen, allerdings originalgetreu in japanischer Leserichtung.

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Gibt’s auch etwas Neues für die Attack-on-Titan-Fraktion, die auf knallharte Horror-Action steht?

Ja – wobei es vielen »Titanenfans« ja nicht nur um die Action und den Horror, sondern die tollen Charaktere und ihre Schicksale geht.

Natürlich … [schmunzelt]

Die Attack-On-Titan-Hauptserie läuft zweimonatlich weiter. Im August kommt der inzwischen dritte Sammelschuber. Daneben wird es eine neue illustrierte Novel namens Lost Girls geben, die drei Kurzgeschichten um weibliche Figuren bietet (darunter Mikasa).

Auch die laufenden Spin-Offs werden fortgesetzt, und im September kommt mit Outside ein zweites Guide Book zur Serie, die auch noch eine kleine Bastelvorlage für eine Titanenmaske beinhaltet. Es wird also auch 2016 weiter jeden Monat Neuheiten zu den Titanen geben.

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Welche Titel sind darüber hinaus für Comicleser interessant, die nicht voll auf Manga gebürstet sind?

Einmal das nächste Buch von Jiro Taniguchi, Ihr Name war Tomoji, wieder in westlicher Leserichtung, sowie Miss Peregrines Insel der besonderen Kinder, eine Adaption des Romans von Ransom Riggs, gezeichnet von Cassandra Jean. Die Grafik sieht eher nach »US-Comic mit Manga-Elementen« aus. Wunderschöne Geschichte, für Fantasy/Mystery-Fans, wird sicher auch z.B. Sandman-Lesern gefallen. Die Geschichte wird übrigens gerade in ein weiteres Medium umgesetzt: Der Kinofilm von Tim Burton soll nach Stand der Dinge im Herbst 2016 anlaufen.

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Schauen wir zum Abschluss auf das große Fest: Was ist zum 25. Geburtstag geplant? Parties, Sapporo für alle, die Carlsen-Manga-Redaktion für einen Monat im Cosplay-Kostüm am Schreibtisch? [grinst]

Du wirst es kaum glauben, aber: so weit sind wir noch gar nicht. Und alles wollen und können wir jetzt noch gar nicht verraten. Gelegenheiten zum Anstoßen soll und wird es aber bestimmt geben.

Die Fragen stellte Matthias Hofmann.

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dragonball Sd

fairytail guide

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Abbildungen © Carlsen Manga. Alle Abbildungen sind vorläufige Titelbilder und können sich noch ändern.


Weiterführender Link:

Homepage des Verlags: Carlsen Manga