»Das stimmt, aber die Dorfbewohner wollen seine Seele in den Himmel senden. Und darum werde ich es tun!«
FRISCH GELESEN: Archiv
Alpi – The Soul Sender Bd. 1 & 2
Text: Rona
Zeichnungen: Rona
Carlsen Manga
Softcover | 176 Seiten | s/w | 7,00 €
ISBN: 978-3-551-77888-8
Softcover | 160 Seiten | s/w | 7,00 €
ISBN: 978-3-551-77889-5
Genre: Fantasy
Für alle, die das mögen: Atelier of Witch Hat, Magus of the Library, Siúil, a Rún
Monster können nichts für faule Autoren! Wie viele Comics, Filme und Romane erschienen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, die ihrem Publikum vor Augen hielten: Der Mensch ist doch das wahre Monster. (Das Thema war bereits 1997 nicht mehr neu, aber spätestens da mit der Episode »Der große Mutato« in der fünften Staffel von Akte X durch.) Wie herrlich ist es also, wenn Autoren und Künstler ihre Geschichten mal anders auflösen, sodass Monster nicht unter Generalverdacht für plumpe Lektionen in Fiktionen stehen. Mit seiner Ausgangslage hätte die neue Fantasy-Reihe Alpi von Rona (über den oder die sich kaum Informationen finden lassen) genau dies wunderbar hinbekommen können. Allerdings gelingt ihr das leider nur im Klappentext.
Soul Sender können Flüche von verstorbenen Göttern lösen – so wie Alpi.
Wie sich Monster schaffen lassen: Göttliche Geister wandeln in diesem Manga als fantastische Wesen über die Erde. Zu Lebzeiten eher freundlich gestimmt, verfluchten sie mit ihrem letzten Atemzug jedoch den Ort ihres Todes. Hauptfigur Alpi hilft dann als Mischung aus Exorzistin und Tatortreinigerin. Mit Ritualen, Magie und einem Schwert. Muss, wie bei so vielen anderen Sachen aus dem Fantasy-Genre, keinen tieferen Sinn ergeben. Tut der Plot dann konsequent auch wenig. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn Rona hier überhaupt mal Monster oder magische Wesen inszenieren würde.
Selbst in actionreichen Szenen bleiben die Panesl klar strukturiert und aufgeräumt.
Oftmals sind es gerade einmal ein paar Seiten mit den göttlichen Wesen, bevor in den beiden ersten Bänden wieder die Dialoge einsetzen. Was kein Problem wäre, wenn die Charaktere überhaupt etwas zu sagen hätten. Alpi wiederholt jedoch mehrfach nur: »Ich bin eine Soul Sender.« Falls es witzig gemeint sein sollte, ist es nicht der einzige missglückte Scherz. In den beiden ersten Bänden von Alpi zerschießt der Humor die ganze Atmosphäre, weil er oft albern und überdreht daherkommt. In diesem Sinne ist dieser Manga einfach nicht gut erzählt.
Subtile Hinweise zur Charaktermotivation sind bei Alpi nicht zu erwarten.
Die Zeichnungen holen es dafür auf der einen oder anderen Seite wieder heraus, vor allem weil Rona sehr effektiv inszeniert. Ein paar Panels haben starke Hintergründe, andere Bilder müssen mit pragmatischeren (und detailarmen) Lösungen auskommen. Durch die sehr klaren Raster kommt nie große Dynamik rein. So lässt sich der Manga einfach weglesen – nicht zuletzt deshalb, weil er nicht eine herausfordernde oder spannende Seite enthält.
Der Humor taucht in den beiden ersten Bänden der Serie viel zu oft an viel zu unpassenden Stellen auf.
Dass in diesem Manga sehr viele Ideen stecken, zeigt dann der Anhang, in dem die göttlichen Geister wenigsten ein paar zusätzliche Fakten bekommen. Denn in den Bänden selbst tauchen sie kaum auf. Selbst die Cover machen in dieser Hinsicht mehr Eindruck. Nirgends im ersten Band hat Rona dieses Wesen wieder so herrlich und eindrucksvoll aufgefahren wie auf dem Umschlag. So verliert der Manga einfach sehr schnell seinen Reiz. Denn Monster und fantastische Elemente hätten im Fall der Fälle auch so manche Seiten mit hölzernen Charakteren und einem holperigen Plot retten können. Wenn sie denn eine Wahrhaftigkeit ansprechen und aus einer Inspiration entstanden sind. Nur wirkt es bei Alpi so, als ob über den Zeichentisch ein Seufzer der Erleichterung wehte, wenn die Seiten mit den Monstern endlich durch waren. Wie geschrieben: Monster können nichts für ihre Autoren. Das gilt auch für kaum in Erscheinung tretende Monster.
[Björn Bischoff]
Abbildungen © 2021 Carlsen Manga / Soukon no Shoujo to Sourei no Tabi © 2018 by RONA/COAMIX
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Oder beim Verlag: Carlsen
»Was wärst du gerne, wenn du leben würdest?«
FRISCH GELESEN: Archiv
Die Bibliothek der Comic-Klassiker Band 5: Mafalda
Story: Quino
Zeichnungen: Quino
Carlsen Comics
Hardcover | 208 Seiten | s/w | 35,00 €
ISBN: 978-3-551-02916-4
Genre: Cartoon, Comicstrips, Funny
Für alle, die das mögen: Funny-Klassiker, starke Mädchen
Mafalda und ich, uns verbindet eine besondere Geschichte. Früh habe ich meine Liebe zu Comics entdeckt, mein Vater hat uns an Wilhelm Busch (bitte jetzt keine Grundsatzdiskussion, ob das zum Medium Comic gehört oder nicht!) und Charles M. Schulz' Peanuts herangeführt. Gerade die Peanuts, die weit mehr selbstbewusste weibliche Charaktere haben als männliche, waren meine Welt. Als ich mich dann mit den Bandes Dessinées befasste, waren meine Erwartungen hoch und wurden doch oft schwer enttäuscht. Starke Frauenfiguren? Meist eher so Fehlanzeige. Umso glücklicher war ich, als ich Mafalda entdeckte. Nicht nur, dass es sich bei diesem Mädchen um eine Namensvetterin von mir handelt – Mafalda gilt als eine romanische Variante des Namens Mathilda, was wiederum eine moderne Version des Namens Mechthild ist –, diese junge Dame hatte es faustdick hinter den Ohren. Zynisch, rotzfrech, politisch, kritisch. Ich war begeistert. Die deutsche Erstausgabe der gesammelten Comicstrips von Carlsen gehörte allerdings meinem Bruder und ich hatte, nachdem wir beide von zu Hause ausgezogen waren, keinen direkten Zugriff mehr darauf.
Am Zustand der Welt hat sich nicht viel geändert.
Nun veröffentlicht Carlsen ausgewählte Strips aus zehn Jahren Mafalda als Zusammenstellung in seiner Reihe Die Bibliothek der Comic-Klassiker. Jedoch hat Carlsen den Inhalt nicht selbst kuratiert, sondern greift auf eine spanische Version zurück. Den Einstieg bildet ein längeres Interview von Rodolfo Braceli mit Quino, dem Schöpfer von Mafalda. Auf kurzweilige Art erfährt man hier ein wenig über das Leben Quinos wie auch von der Entstehungsgeschichte Mafaldas. Als klassischer Comicstrip für eine argentinische Zeitschrift rief Quino 1963 Mafalda und ihre Eltern als eine Auftragsarbeit ins Leben. Da das Witzpotenzial in der begrenzten Kleinfamilie recht bald ausgeschöpft war, fügte Quino zuerst Mafaldas Freundin Susanita hinzu. Sie ist quasi der Gegenentwurf zu Mafalda, sie träumt vom Glück im Privaten als Hausfrau und Mutter, kann sich eine Frau per se nicht ohne einen Mann an ihrer Seite vorstellen und will mit Politik oder Weltgeschehen nichts zu tun haben. Quino bezeichnet sie als Mafaldas Mutter in klein. Im Verlauf der Jahre kamen immer neue Charaktere hinzu: Mafaldas bester Freund Felipe, der ewige Pessimist, der sich in seinen Tagträumen ergeht, Miguelito, der Naivling, der allem etwas Schönes abgewinnen kann, Manolito, der Dummkopf, der seinem Vater als mittelprächtiger Kaufmann nacheifert, Guille, Mafaldas kleiner Bruder, der die selbstzufriedene Unbeschwertheit der Jugend ausstrahlt, und die neunmalkluge Libertad, die besonders gut den Erwachsenen den Spiegel vorhalten kann.
Generell liegt hierin die Stärke der Strips von Quino. Er selbst spricht von dem Konflikt, der in den Comics liegt. Kinder bekommen permanent gelehrt, was richtig und was falsch ist, welches Verhalten für sie und andere gut, welches schädlich ist. Doch nur ein Blick in die Zeitung offenbart, dass sich die Erwachsenen in keiner Weise an diese Regeln halten. Und genau aus diesem Widerspruch nährt sich der Witz von Mafalda.
Was für Erwachsene gilt, gilt lange nicht für Kinder.
Und hier stellt sich natürlich die Frage, die über dieser Klassiker-Ausgabe hängt wie das berühmte Damoklesschwert: Wie gut sind die Gags von Quino gealtert? Ich war unglaublich gespannt darauf, ob ich auf alte Freunde oder eher die Geister der Vergangenheit treffen würde.
Quino beweist zeitlosen Biss in seinen Pointen.
Zeichnerisch ist Mafalda unstrittig großartig. Als typische schwarzweiße Tuschezeichnungen sind die Figuren nicht gealtert und haben ihren Charme als zeitlose Klassiker voll erhalten. Ähnlich wie die bereits erwähnten Peanuts oder auch Calvin & Hobbes erscheinen sie zeitlos, auch wenn gelegentlich durch kleine Details innerhalb einzelner Strips ein ungefährer Zeitrahmen festzumachen ist.
Inhaltlich sind die Comicstrips wie ein großer Bauchladen – es ist für jeden und jede was dabei. Gerade die Gags über die politische Lage der Welt sind gut gealtert, da Quino es geschickt verstanden hat, sie nicht an konkrete Ereignisse oder Konflikte zu koppeln. Sie sind so generell gehalten, dass die meisten von ihnen nicht an Aussagekraft eingebüßt haben. Auch der bereits beschriebene Widerspruch zwischen Kindern und Erwachsenen funktioniert immer noch hervorragend. Viele zwischenmenschliche Gags, die sich meist auf der kindlichen Ebene bewegen, haben ihre Gültigkeit bewahrt. Aber natürlich finden sich auch Witze, die nicht mehr so gut funktionieren oder aber auch solche, die noch nie wirklich gut waren. Über zehn Jahre hinweg immer gleichbleibend hohe Qualität abzuliefern, schafft wohl niemand.
Dieser Gag war auch schon vor 30 Jahren unangemessen.
Mafalda reiht sich mühelos in die Klassiker des Comicstrips ein und ist dabei ziemlich gut gealtert. Die hier vorliegende Zusammenstellung des Carlsen Verlags baut ihre Kapitel nach Personen oder Themen auf. Es gibt zu jedem Kindercharakter ein Kapitel und zu Themen wie Mafaldas so sehr gehasster Suppe, dem Weltgeschehen oder Fernsehen. Dadurch sind einige Strips aus dem chronologischen Kontext gerissen und gerade Guille tritt in den unterschiedlichsten Altersphasen durcheinander auf. Das ist aber nicht weiter störend. Ich fand es eher reizvoll, gerade bei den Charakterkapiteln, sich näher mit einer Figur beschäftigen zu können und so auch eine gewisse Leitschnur zu haben, die bei Comicstrip-Kompilationen meist schwer zu finden ist.
Die Simplizität und Geradlinigkeit zeichnet Quinos Humor aus.
Mafalda war Quinos einziger internationaler Erfolg, er hat all seine Liebe und sein Herzblut in dieses kleine Mädchen und ihre Freunde gesteckt – das ist bis heute spürbar. Am 30. September 2020 hat Quino die Weltbühne verlassen, aber Mafalda lebt fort und sorgt sich an seiner statt um den Zustand der Welt.
[Mechthild Wiesner]
Abbildungen © Carlsen Verlag, Hamburg 2021 / Quino
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