BLOG: Comic heut' nich' - Folge 1: Igitt, ein Mädchen!

Titelbild von Hey Schwester! Band 2 Ausschnitt

Heute startet eine neue Kolumne von Matthiaz [sic!] Hofmann, die wöchentlich erscheinen soll. Neue Folgen werden in der Regel an einem Montag zum Wochenstart veröffentlicht. Zum Debüt geht's schon zwei Tage früher los.

 

Comic heut' nich', Comic morg'n …Hey Schwester! Logo

Rapid Comics Comments von Matthiaz Hofmann
2012/KW16 - Folge 1: Igitt, ein Mädchen!

 



Prolog

Damals sollte dies ein eigenständiges Blog werden. Das war vor drei Jahren, als es den COMIC REPORT noch nicht gab oder CRON - und schon gar nicht ALFONZ. Ich wollte regelmäßig über Comics schreiben, aber ohne die Zwänge der heiligen Rezensions-Dreiteilung (Inhalt, Meinung, Fazit), wie es zum Beispiel bei Splashcomics Usus ist. Oder ruhig auch mal frecher, flappsiger, boulevardsker, Mensch, einfach unterhaltend. Frisch, fromm, fröhlich, frei. Schnell und vergänglich. Ohne den Anspruch, jetzt tagelang jedes Wort ausbrüten und danach auch noch schön drechseln zu müssen.

Dafür ist das Format eines Blogs goldrichtig. Und außerdem gab es das in Deutschland nicht wirklich: ein Blog über alle (!) Arten von Comics, das lesbar ist und vor allem regelmäßig erscheint. Mir fällt jedenfalls spontan keines ein. (Und ich meine nicht Blogs, wie das von Martin Boisen, der Nachrichten und Pressetexte zusammensammelt. Oder wartet mal … die Jungs von Craytons Comicblog machen eine sehr solide, hyperregelmäßige Arbeit, wobei deren Blog den meisten zu US-Comics-lastig sein dürfte. Vielleicht gibt es da noch andere, die die Fahne hochhalten …)

Wie mit vielem, ist irgendwie nie der richtige Zeitpunkt, um so etwas zu beginnen. Aber jetzt ist der COMIC REPORT 2012 beim Drucker, die zweite Nullnummer von ALFONZ im Netz, und die Arbeiten fürs Printdebüt gehen los, und da bietet sich an, dieses Weblog zu starten. Jetzt oder nie. Möglichst wöchentlich. Mal sehen, wie regelmäßig wir das hinbekommen. Und los geht's …

 

Interlude

Also wenn mir ein Musikstück derzeit auf den Sack geht, dann dieses Partygedudel von diesem Brasilianer Michel Teló. Ai Se Eu Te Pego. Wenn man das Radio anmacht, dann geht es meist nicht sehr lange, bis es heißt »Nossa. Nossa. Asim você me mata.«

Offenbar bin ich nicht der Einzige, den dieses Un-Lied aggressiv macht. Im Netz fand ich vor ein paar Tagen dieses schöne Statement:

Copyright DC Comics

Beruhigend!


»Achtung, hier fliegen die Fetzen«: Hey Schwester!

Warum zum Auftakt nicht dahin gehen wo es weh tut? Richtig, lesen wir Mädchen-Comics! Etwas, was den durchschnittlichen Comicleser (männlich, um die 40, gesetzt) sowas von überhaupt nicht interessiert. Letztes Jahr wurde Wendy 25 Jahre alt. Aber da Stefan Meduna das Thema aktuell für den COMIC REPORT 2012 (»Was vom Pferde übrig blieb«) aufgearbeitet hat, will ich mich gerne auf eine brandaktuelle Serie stürzen.

Die Schwestern Wendy und MarineBereits 2011 kam Tokyopop mit den sogenannten »Comic Girls« auf den Markt, dem Label, das keines ist, und startete eine Reihe von Hardcoveralben in diesem handlicheren Format (24,2 x 17,2 cm), angesiedelt zwischen Taschenbuch und Album. Diese Comics sind für Mädchen gedacht und es sind keine Manga.

Ein Widerspruch? Nicht wirklich, aber wenn die Jugend von heute schon generell weniger liest, erst recht weniger Comics, dann lesen sie, wenn sie es tun, in der Regel diese japanischen schwarzweißen Biester, die viele Seiten haben und wenig kosten. Und nichts anderes. Das heißt ein Projekt, welches frankobelgische Funny-Comics an das deutsche Mädchen vermitteln will, hat es nicht leicht.

Hey Schwester! ist der neuste Zugang der »Comic Girls«, der vierte, nach dem von der Kritik zu Recht gelobten Lou! und den beiden Serien Ernest & Rebecca und Sybil die Taschenfee. Redaktionell betreut wird die Reihe von Elke Benesch (siehe CRON-Interview). Nach knapp einem Jahr kann man die Bilanz ziehen, dass diese Mädchen-Comics im Handel noch nicht richtig angekommen sind, egal ob im Comicfachhandel oder dem allgemeinen Buchhandel. Ein Grund dafür mag sein, dass alle Manga vermuten, wenn das Logo von Tokyopop aufgedruckt ist.

Hey Schwester! Band 1 Titelbild  Hey Schwester! Band 2 Titelbild

Ganz frisch erschienen, quasi einen Tag vor Ostern, ist der zweite Band von Hey Schwester!. In Frankreich, wo sich Les Sisters (Originaltitel) einer großen Beliebtheit erfreut, liegen bereits sechs Ausgaben vor.

Es geht um die beiden Schwestern Wendy und Marine, die eine typische Hass-Liebe verbindet. Die jüngere Wendy ist oft vorlaut und strapaziert die Nerven ihrer Umwelt und besonders die ihrer älteren Schwester Marine ein ums andere Mal. Aber es gibt viele Situationen, da sind beide ein Herz und eine Seele, wenn es z.B. darum geht, sich gegen ihre Eltern durchzusetzen.

Der Zeichner William (d.i. William Maury), der zusammen mit Christophe Cazenove für die Geschichten verantwortlich ist, hat selbst zwei Töchter namens Wendy und Marine und kann für die Ideen aus dem Vollen schöpfen. Erzählt werden die Episoden aus dem Leben der beiden Wirbelwinde in Form des klassischen Ein-Seiten-Gags. Obwohl ich diese Form der One-Pager respektiere, bin ich ihr gegenüber sehr skeptisch eingestellt. Schon als Kind fand ich Cubitus in ZACK zwar Klasse gezeichnet, aber nur selten kam ein Lächeln über meine Lippen als ich das Seitenende erreicht hatte, und wenn doch war es eher eines von der müden Sorte.

Anders ist es bei Hey Schwester!. Versteht mich nicht falsch, ich habe weder brüllend gelacht, noch mich königlich amüsiert, aber ich konnte die Pointen lustig finden, denn die Einfälle sind modern und irgendwie frisch. Es geht um brisante Themen wie Schminke, Jungs und Mode, aber auch um banale Dinge wie das Zimmer aufräumen oder sich gegenüber der eigenen Schwester einen Vorteil zu verschaffen. Da muss man als erwachsener Mann beim Lesen auch mal über seine Schatten springen können. Großen Anteil am Erfolg des Comics hat Williams Zeichenstil. Dieser ist herrlich überdreht und außerdem ziemlich detailreich. Das sollte jeden Funny-Kenner richtig ansprechen.

Hey Schwester! Leseprobe

Das empfohlene Lesealter von Hey Schwester! liegt bei zehn Jahren. Viel jünger würde ich es auch nicht ansiedeln, sind manche Gags durchaus von intelligenterer Natur. Preislich liegen die Bände mit 9,95 Euro im oberen Segment für Kindercomics. Hier ist eigentlich ein Hardcoverumschlag nicht so wichtig, sondern es kommt darauf an, dass das typische Mädchen es mit seinem Budget auch kaufen kann. Bei diesem Preis sind es wieder die Eltern, oder eher die Mütter, die gefragt sind. Und diese können Hey Schwester! natürlich auch selbst lesen. Denn vieles darin, gerade wenn es in einem Zickenkrieg mündet, dürfte fast jeder Erwachsenen bekannt vorkommen. Und wenn ich mir das so überlege, sind viele thematische Versatzstücke dieser Serie so zu interpretieren, dass Hey Schwester! auch gut als Frauencomic vermarktet werden könnte. Wer Mädchen und Frauen in seinem Umfeld hat, sollte das ruhig testen.

Abbildungen:
Hey Schwester! © Tokyopop / Bamboo Édition by Cazenove & William
Batman & Robin © DC Comics


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Hey Schwester!
Text: Cazenove/William, Zeichnungen: William
Tokyopop GmbH, Hamburg
Aus dem Französischen von Thomas Schöner
HC, Farbe, je 48 Seiten, 24,2 x 17,2 cm, je 9,95 Euro

Bisher erschienen:
Band 1: Familienbande (Originaltitel: Les Sisters 1: Un air de familie)
ISBN 978-3-8420-0326-2

Band 2: Nach Art des Hauses (Originaltitel: Les Sisters 2: À la mode de chez nous)
ISBN 978-3-8420-0327-9


 

Weiterführende Links:

Serienseite bei Tokyopop: Hey Schwester!
Interview bei YouTube mit William: Willam et Les Sisters


Über das Blog

Mit »Comic heut' nich', Comic morg'n …« räumt Matthiaz [sic!] auf, denn jede Woche flattern ziemlich viele Comics auf seinen Redaktionstisch. Nicht alles eignet sich für lange Abhandlungen, aber vieles ist es wert, dass man ein paar Worte darüber verliert. Also macht er es sich bequem und schreibt darüber. Und manchmal auch darüber hinaus …