Eröffnung des Erika-Fuchs-Hauses ein großer Erfolg - Interview mit Alexandra Hentschel

Das nach erheblichen Schwierigkeiten während der Bauphase am 1. August 2015 endlich eröffnete Erika- Fuchs-Haus in Schwarzenbach an der Saale bietet eine in Deutschland einzigartige Erlebniswelt rund um das Entenhausener Universum von Donald, Dagobert & Co. Aber es soll auch eines der maßgeblichen Museen für Comics allgemein werden.

Am Eröffnungswochenende bereits mehr als 1.800 Besucher

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Die Freude über das erreichte Ziel ist Alexandra Hentschel, der Leiterin des Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach an der Saale, auf den Fotos und Filmen deutlich anzusehen, die auf die am vergangenen Wochenende erfolgte Eröffnung in den Medien hingewiesen haben. Kein Wunder, denn das »Museum für Comic und Sprachkunst« eröffnete mit mehr als einem halben Jahr Verspätung - aufgrund von Baumängeln, die man in den Griff kriegen und für adäquaten Ersatz sorgen musste.
Bereits in unserer Ausgabe 4/2014 von ALFONZ - Der Comicreporter haben wir in unserem Titelthema das Leben und Wirken von Dr. Erika Fuchs, der kongenialen Übersetzerin von Disney-Comics in Deutschland, beschrieben. Und auch auf die damals noch kurz bevorstehende Eröffnung des Erika-Fuchs-Hauses hingewiesen. Zur Eröffnung folgt nun ein Nachklapp auf den ALFONZ-Artikel. Wir haben Alexandra Hentschel zum vergangenen Wochenende und über den anstehenden Alltag des Museums befragt.

Ausgelassene Stimmung bei der Eröffnung des Erika Fuchs Hauses

Alexandra, Du hast aufregende Wochen hinter dir. Am vergangenen Wochenende konnte endlich das Erika-Fuchs-Haus eröffnet werden, mit mehr als einem halben Jahr Verspätung. Was war passiert?
Für den Eingangsbereich des Museums hatten die Architekten einen schönen Terrazzoboden vorgesehen. Leider erwies sich das, was dort eingebaut wurde, als weder schön noch ausreichend belastbar. Der Boden musste zweimal wieder herausgerissen werden, und beim zweiten Mal die Fußbodenheizung gleich mit dazu, die auf solche Belastungen nicht ausgelegt ist. Jetzt sind großformatige helle Fliesen drin, die sich sehr gut einfügen. Aber das Ganze hat uns mehr als ein halbes Jahr gekostet, da auch die anderen Arbeiten auf der Baustelle ohne Fußboden stillstehen mussten.

Wie geht man mit so einer Verzögerung um, wenn man selbst für die Sache brennt und das Museum endlich eröffnet sehen will?
Akzeptieren, dass man selbst nichts tun kann und die eigene Energie auf andere Dinge verwenden.

Wie wurde die »gewonnene« Zeit genutzt?
Die Probleme mit dem Boden tauchten ja zu einem relativ späten Zeitpunkt auf. Da waren Konzept und Planung längst abgeschlossen und ein erheblicher Teil der Ausstellung war auch bereits in Produktion. Ich konnte durch die Verzögerung viel mehr Zeit in die Planung des Shopsortiments stecken. Der Platz ist begrenzt und es gibt viele tolle Dinge, vor allem Bücher, die ich am liebsten alle aufgenommen hätte. Das Schwierige ist ja nicht, geeignete Artikel zu finden, sondern zu entscheiden, welche man trotz allem nicht nimmt. Außerdem haben wir die Zeit gewonnen, eigene Artikel herzustellen, wie den Comic von Simon Schwartz als Lose-Blatt-Sammlung in einer Mappe sowie Poster und Postkarten der Hommages an Erika Fuchs. Die Verzögerung hat aber auch viel Aufwand verursacht, indem man Ausstellungen umplanen muss, Anzeigentermine verschieben, die Aufmerksamkeit der Medien halten ohne einen konkreten Eröffnungstermin zu kennen.

Was war am Eröffnungswochenende los?
Geplant hatten wir eine ganz formlose Eröffnung. Das Museum sollte einfach geöffnet sein, damit die Bevölkerung vor Ort und die Urlauber in der Region endlich reinkönnen – am 1.8. haben ja die bayerischen Sommerferien angefangen. Da in der Ausstellung aus Sicherheitsgründen nur 200 Menschen gleichzeitig sein dürfen, haben wir dafür gesorgt, dass auf dem Vorplatz Essen und Trinken zur Verfügung stehen, um mögliche Wartezeiten angenehm zu überbrücken. Womit wir nicht gerechnet haben, war der Volksfestcharakter, der sich entwickelt hat – auch aufgrund des grandiosen Medienechos in den letzten Wochen. Ab 10:30 Uhr war der Platz gefüllt, um 11 bereits rappelvoll, und so blieb es den ganzen Tag über. Kurzfristig hat noch die Congagruppe der örtlichen Mittelschule einen musikalischen Auftakt gegeben, ein Café stellte seine Popcornmaschine bereit, es gab Kinderschminken und selbstgeprägte Buttons – und dazu gutes Wetter. Volksfest eben. Am Samstag haben wir insgesamt 1600 Besucher gezählt – in der Ausstellung, wohlgemerkt, nicht am Bratwurststand. Am Sonntag – dem ersten Tag mit regulärem Eintritt – kamen noch einmal 250 Menschen. Insgesamt also ein Zehntel der erhofften Jahresbesucherzahlen.

Blick in die Dauerausstellung des Erika-Fuchs-Hauses

Wie war die Resonanz von Besuchern und der Presse?
Die Rückmeldungen der Besucher waren sehr positiv. Drei Aussagen hat man immer wieder gehört: „Das ist ja viel größer, als ich gedacht hatte“ – aufgrund der Fassade vermutet man nicht, wie weit sich das Gebäude nach hinten erstreckt. „Das ist ja ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte“ – ich denke, viele hatten gedacht, man würde dort ein paar Hefte sehen und die in Stadt bereits bekannte Figurensammlung von Gerhard Severin. Dass es ein begehbares Entenhausen geben würde, war mittlerweile zwar bekannt, aber wie es dann tatsächlich aussehen würde, konnte sich wohl kaum jemand vorstellen. Im Talerbad spielten den ganzen Tag über Kinder, wenn sie nicht durch ausgewachsene Männer verdrängt wurden, die sich wohl einen Kindheitstraum erfüllt haben. Das größte Staunen löste vermutlich der Raum über die Sprachkunst von Erika Fuchs mit seinen vielen interaktiven Stationen aus. Und die dritte Reaktion ist die Überraschung, wie professionell die Ausstellung aufgemacht ist. „Urban“ drückte sich eine Bekannte heute aus. Kleines Museum in kleinem Ort in ländlicher Gegend, da waren die Erwartungen wohl nicht so hoch. Die Presseresonanz war schlichtweg überwältigend. Ganze Seite im Spiegel, Seite 1 der Süddeutschen, FAZ, taz und Tagesspiegel vor Ort, lange Berichte bis hoch nach Norddeutschland, sämtliche regionale Hörfunk- und Fernsehsender – und als Krönung natürlich die 20-Uhr-Nachrichten der Tagesschau. Mir ist immer noch etwas schwindelig.

Talerbad

Was ist für dieses Jahr noch geplant?
Als erstes steht der offizielle Festakt zur Einweihung an, für Fördergeber, Familie, Unterstützer, beteiligte Künstler, Verlage, Politik etc. Normalerweise macht man sowas ja vor der allgemeinen Eröffnung. Aber unser Zeitplan war zuletzt so eng, dass wir uns entschieden haben, zunächst einmal aufzumachen und dann den Festakt in angemessener Ruhe nachzuholen. Diese Feier muss im größten Raum des Museum stattfinden, dem Sonderausstellungsraum. Das heißt, wir werden die erste Sonderausstellung erst im Herbst eröffnen – nicht schon Mitte September, wie auf der Homepage angekündigt. Wir übernehmen die Ausstellung der Max-und-Moritzpreisträger 2014 aus dem Wilhelm- Busch-Geburtshaus in Wiedersahl. Diese Ausstellung wird bis ins Frühjahr laufen, so dass für den Rest des Jahres ansonsten nur kleinere Aktionstage geplant sind. Nach der Eröffnung muss jetzt erst einmal der Alltag anlaufen – das ist schon aufregend genug.

Die Fragen stellte Volker Hamann


Die Homepage des Erika-Fuchs-Hauses: http://www.erika-fuchs.de/