Frisch Gelesen Folge 368: Metax

 

»Zeig, was du kannst! Bring uns Metax! Für dein Königreich, für deine Tochter!«


FRISCH GELESEN: Archiv


Metax

Story: Antoine Cossé
Zeichnungen: Antoine Cossé

Edition Moderne
Softcover │ 288 Seiten│ Farbe│ 29,00 €
ISBN: 978-3-03731-252-0

Genre: Sci-Fi, Fantasy, Drama, Graphic Novel

Für alle, die das mögen: Silently (Delfinium Prints Intoxicated), Boris, das Kartoffelkind (Rotopol)


Der Einband weckt Interesse, ist stylish und rätselhaft zugleich: Die Schwarz-Weiß-Grafiken sind stellenweise grau und braun koloriert, und der Titel bildet zusammen mit der Autorennennung ein vertieftes Relief, das je nach Blickwinkel und Lichtintensität in unterschiedlichen metallischen Farbtönen schimmert. Das Gezeigte erlaubt keinerlei Schlüsse auf den zu erwartenden Inhalt. Und der Klappentext befindet sich nicht wie gewöhnlich auf der Rückseite, sondern auf dem dicken Buchrücken.

Metax: Ein von surrealer Kunst inspiriertes Verwirrspiel.


Drinnen geht das Verwirrspiel weiter mit einer Gestaltung, die von surrealer und abstrakter Kunst inspiriert ist und einer gewissen Einfachheit nicht entbehrt. Es beginnt mit schwarzen Kugeln, die offenbar Abbilder von Sternen zeigen. Danach ist die Rede von Pferden, die unbedingt Auslauf benötigen und schließlich wird eine Gestalt gezeigt, die an ein Teufelchen erinnert.

Wie bitte? Was? Kleiner Tipp: Zurück zum Anfang blättern und das Ganze noch einmal lesen. Dann gelingt der Zugang zu dieser Graphic Novel, selbst wenn es einige Seiten dauert, bis sich die Augen an diesen eigentümlichen Strich gewöhnen. Denn in seinem Metax hat sich Antoine Cossé ordentlich ausgetobt. Die zu Beginn geschilderten Huftiere sind tatsächlich ebensolche, in den Kugeln gibt es wirklich so etwas wie Sterne zu sehen und die unheimliche Gestalt ist letztlich ein Mensch mit einer grotesken Maske.

Cossés Arbeit als Illustrator ist unverkennbar.


Angesichts dieser Ausführungen überrascht es einen nicht wirklich zu erfahren, dass Cossés Arbeiten bereits in der New York Times und im Guardian veröffentlicht wurden. Einzelne Metax-Panels drängen Vergleiche zu Magazingrafiken ja förmlich auf. Und die darin enthaltenen Zeichnungen beeindrucken wirklich. Mit ihnen hat Cossé einen Stoff gewoben, der unsere Vorstellungskraft gehörig in Schwung bringt. Aus wenigen Strichen und Flächen werden saftige Wiesen und weitläufige Wälder – und aus einer stilisierten Großstadtansicht erwächst vor dem inneren Auge ein Gigant, der sich vor Fritz Langs urbaner Fantasie Metropolis (1927) nicht zu verstecken braucht. Seine Bilder koloriert Cossé ähnlich wie den Umschlag, bei einigen wenigen und besonderen Abschnitten ist er aber extrem farbenfroh und sprengt förmlich den Rahmen.

Eine Großstadtansicht, die die Fantasie anregt.


Die Handlung spielt in dem fiktiven Stadtstaat Ronin, der königlich regiert wird und dessen Führung vor einer unvergleichlichen Herausforderung steht. Denn Land und Volk sind inzwischen unheilvoll abhängig von einem Rohstoff namens Metax. Was nach einer bekannten griechischen Weinbrand-Spirituose klingt, ist ein fantastisches Material, das Ronin Erfolg, Macht und Reichtum sichert. Doch die Metax-Vorräte gehen langsam zur Neige, was die Stabilität des Königreiches gefährdet. Damit nicht genug, es gibt eine Widerstandsgruppe, die aus Unzufriedenheit das bestehende System mit Waffengewalt zum Einsturz bringen will. Turbulente Zeiten stehen also bevor. Die Auswirkungen dieser Verwerfungen bekommt der sogenannte Ingenieur schon jetzt zu spüren. Der ist in erster Linie verantwortlich für das Auffinden dieses Wunderstoffs, hat aber schon lange keinen mehr gefunden. Weshalb er mächtig Druck von oben bekommt und auf die Gnade des Königs hoffen muss.


An bestimmten Stellen gibt sich Cossé farbenfroh.


Der in Paris geborene und heute in London lebende Cossé hat eine spannende grafische Erzählung geschaffen, die ordentlich mit Fantasy, Science-Fiction und Action bestückt ist und einen auf wundersame Weise einfängt. Zugleich erlauben die eigenwilligen Zeichnungen auch ein alternatives Erlebnis. Obwohl er ohne monumentalen Bildaufbau auskommt, auf detaillierte Hintergründe verzichtet und Farbe nur spärlich einsetzt, regt er einen zum Träumen an, sodass die Handlungsrealität verschwimmt. Und sorgt so dafür, dass wir uns in seinen Grafiken verlieren und ein Stück weit auch ohne Text auskommen. Sein Album also streckenweise einfach nur so genießen können. Sozusagen um des Seherlebnisses willen.

[Walter Truck]

Abbildungen © 2023 Edition Moderne / Antoine Cossé


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